Ärztekammern

[839] Ärztekammern, durch Verordnung vom 25. Mai 1887 eingeführte Standesvertretungen der Ärzte in Preußen, Bayern, Baden, Sachsen, Württemberg, Hessen, Oldenburg, Hamburg, Braunschweig, Elsaß-Lothringen und den thüringischen Staaten zur Erörterung aller Fragen und Angelegenheiten, die den ärztlichen Beruf oder die öffentliche Gesundheitspflege betreffen. Jede Provinz wählt eine Ärztekammer aus mindestens zwölf Mitgliedern. Die Mitglieder werden auf 3 Jahre gewählt und zwar auf 50 Wahlberechtigte ein Mitglied. Wahlberechtigt und wählbar ist jeder approbierte Arzt, der im Wahlbezirk wohnt. Der Vorstand besteht aus mindestens fünf Mitgliedern. Die A. haben Vorstellungen und Anträge an die Staatsbehörden zu richten und wählen Vertreter, die an wichtigen Sitzungen der Provinzialmedizinalkollegien und der Wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen teilnehmen. Nach Verordnung vom 6. Jan. 1896 bilden Delegierte der A. (je einer) für die Dauer der Wahlperiode der Kammer einen Ärztekammerausschuß mit dem Sitz in Berlin und der Aufgabe, vermittelnd zu wirken zwischen dem Minister und den Kammern und zwischen letztern untereinander. Der Vorsitzende des Ausschusses beruft ihn in der Regel jährlich einmal. Nach Gesetz vom 25. Nov. 1899 ist die Ärztekammer befugt, von den wahlberechtigten Ärzten des Kammerbezirks einen von ihr festzusetzenden Beitrag zur Deckung des Kassenbedarfs zu erheben. Nach demselben Gesetz wird in Preußen für den Bezirk jeder Ärztekammer ein ärztliches Ehrengericht und für den ganzen Staat ein Ehrengerichtshof gebildet. Ersteres hat zu erkennen über die Verletzung der ärztlichen Standespflichten durch die approbierten Ärzte. Auf Antrag eines Arztes muß eine ehrengerichtliche Entscheidung über sein Verhalten herbeigeführt werden. Politische, wissenschaftliche und religiöse Ansichten oder Handlungen bilden nicht den Gegenstand ehrengerichtlichen Verfahrens. Als Ehrenrat hat das Ehrengericht die Beilegung von Streitigkeiten zu vermitteln. Beamtete Ärzte, Militär- und Marineärzte unterstehen nicht dem Ehrengericht. Gegen die Entscheidungen des Ehrengerichts ist Berufung an den Ehrengerichtshof zulässig. Dieser besteht aus dem Leiter der Medizinalabteilung des Ministeriums, vier gewählten Mitgliedern des Ärztekammerausschusses und zwei vom König ernannten Ärzten. Vgl. Altmann, Ärztliche Ehrengerichte und ärztliche Standesorganisation in Preußen (Berl. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 839.
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