Agio

[171] Agio (franz., spr. āschĭo, ital. Aggio), Aufgeld, früher auch Übersatz genannt, der Betrag, um den der Preis (Kurs) einer Geldsorte den Nennwert derselben übersteigt. Den Betrag, um den dieser Preis hinter dem Nennwert zurückbleibt, nennt man Disagio (Abzug). Ist der Preis gleich dem Nennbetrag, so steht die Geldsorte pari. A. und Disagio werden in der Regel in Prozenten vom Nennbetrag, bei Münzen bisweilen auch im absoluten Betrag ausgedrückt. Zuweilen wird auch das A. mit plus (+), das Disagio mit minus (-) bezeichnet. Eine Abweichung des Kurses vom Nenngehalt entstand früher durch eine fiskalische Ausbeutung des Münzregals, wenn man zu einem leichtern Münzfuß überging, d.h. aus alten Münzen eine größere Zahl neuer mit gleicher Benennung prägte, die ebenso wie jene gesetzliches Zahlungsmittel waren. Infolgedessen wurden für Zahlungen nach außen nur die schwereren Münzen verwendet und für diese beim Umtausch gegen neue Münzen ein A. entrichtet. Die gleiche Wirkung konnte eine durch den Verkehr bewirkte allmähliche Verschlechterung der Münzen haben. Heute bildet sich ein A. einmal durch die Verwendung verschiedener Metalle zu Kurantmünzen, dann durch Emission von Papiergeld. Hat ein Land Doppelwährung, so wird, wenn der Weltmarktpreis eines der Währungsmetalle steigt, die Münze, deren Metall höher geschätzt wird, ein A. erhalten. So hatte in Frankreich vor 1848 Gold gegen Silber ein A. von 11/2 Proz. 100 Frank in Goldmünzen waren so viel wert wie 1011/2 Fr. in Silbermünzen. Nach 1849 gestaltete sich das Verhältnis umgekehrt (vgl. Währung). Auch in Silberwährungsländern können Goldmünzen, wenn dieselben in beschränkter Menge ausgeprägt und an Staatskassen zum sogen. Kassenkurs angenommen oder gewohnheitsmäßig tarifiert werden, bei einer Änderung des Goldpreises ebensowohl A. wie Disagio erhalten. Überhaupt ist das A. eine Folge davon, daß eine bestimmte, nur in verhältnismäßig beschränkter Menge vorhandene Geldsorte für bestimmte Zwecke besonders gesucht wird. Als Mitte der 70er Jahre in Deutschland bei ungünstiger Zahlungsbilanz Gold für die Ausfuhr nach England und Amerika begehrt wurde, bezahlte man dasselbe mit einem A. von 1 Proz. So wurde auch die französische Ausstellung von 1878 zu einer Ursache, den Kurs der zum Besuch derselben nötigen französischen Münzen zu steigern. Weit größer als bei Münzen sind die Kursschwankungen bei dem Papiergeld (s. d.). Für dasselbe kann A. gezahlt werden, wenn dem emittierenden Staate volles Vertrauen geschenkt und das nur in beschränkter Menge vorhandene Papier für Aufbewahrung und Versendung von Geld gesucht wird. Doch findet hier das A. schon bald eine Schranke in der Verbesserung der Transporteinrichtungen, der Geld- u. Kreditanstalten oder auch in der Geneigtheit zur Mehremission. Weit häufiger als ein A. tritt bei dem Papiergeld ein Disagio ein, wenn dasselbe in einer im Verhältnis zum Staatskredit und zum Verkehrsbedarf zu großen Menge ausgegeben und infolgedessen entwertet wird. Hat nun das Papiergeld Zwangskurs, so daß es für die Preisbemessung dient, so spricht man nicht von einem Disagio des Papiergeldes, sondern von einem A., das für Münze gezahlt wird. In Österreich-Ungarn wurde lange Zeit für Silber A. gezahlt; war z. B. in Wien Silber zu 120 notiert, so waren 100 Guld. Silber gleich 120 Guld. Papier. Infolge der Silberentwertung der neuern Zeit ist dieses A. verschwunden, an seine Stelle aber dasjenige des Goldes (gegen Silber und Papier) getreten. In Italien und in Nordamerika wurde das Disagio des Papiergeldes (1 Doll. Gold stand 1864 auf 2,80 Doll. Papier) durch Aufnahme der Barzahlung beseitigt.

In einem andern Sinne bezeichnet man auch als A. den Betrag, um den eine Geldsorte eine für gewisse Rechnungen übliche Summe übersteigt. So erhielt man in Frankreich früher für 1 kg Feingold, aus dem 34444/9 Frank ausgeprägt wurden, 3434,44 Fr. indem 10 Fr. zur Deckung der Prägekosten zurückbehalten wurden. Den in Prozenten bemessenen Überschuß des Goldpreises über 3434,44 (seit 1877: 3437) Fr. nennt man ebenfalls A. Ähnlich ist es bei dem Silber, für das als Einheit 218,89 Fr. angenommen werden, während aus 1 kg Feinsilber 2222/9 Fr. ausgemünzt[171] werden. – Endlich spricht man auch von einem A. der Wechsel, Effekten und Aktien, wenn deren Kurs über pari steht. In vielen Ländern wendet man jedoch statt A. die Bezeichnung »Prämie« an (prime im Gegensatz zu perte in Frankreich, premium im Gegensatz zu discount in England).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 171-172.
Lizenz:
Faksimiles:
171 | 172
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika