Münzfuß

[269] Münzfuß, allgemein das gesetzlich bestimmte Verhältnis zwischen dem Nennwerte der Geldrechnungseinheit eines Staates und der Gewichtseinheit des Edelmetalls in seinen Hauptmünzen, welche die Rechnungseinheit nicht immer vertreten; unmittelbar ist der Wert jedoch hier und da (wie in England) auf das beständige Rauhgewicht oder das Standard-Metall statt auf das Feingewicht bezogen. Um heute die Münzfüße der Länder zu vergleichen, pflegt man das Sollgewicht der Rechnungseinheit an Gold oder Silber in Grammen anzugeben, oder man verzeichnet die Menge der Rechnungseinheiten, deren Feingewicht einem Kilogramm des Währungsmetalls entspricht. Früher bezeichnete man den M., der teils nach dem jeweiligen Wertverhältnis des Goldes zum Silber (namentlich in romanischen Staaten), teils und vornehmlich durch Abschleifung der Münzen im Umlauf ohne Wiedereinlösung von den Staatskassen, teils infolge von Gesetzesverletzung durch die Münzherren (vgl. Münzverschlechterung) oftmaliger Veränderung unterlag, gewöhnlich mittels der Menge der Rechnungseinheiten (Livres, Scudos, Gulden etc.), die aus einer Mark Feingewicht zu prägen waren. Bevor Wissenschaft und Technik eine gleichmäßig gute Beschaffenheit der geschmolzenen Masse und ein von der Vorschrift kaum abweichendes Gewicht der Einzelstücke möglich machten, waren auch die gesetzlichen Niedrigstgrenzen so bedeutsam, daß die Fachleute außer dem herrschen den M. für das Kurantgeld einen zweiten, schwächern mit Berücksichtigung des vollen Remediums zu beachten hatten. Die Vorschriften über Scheidemünzen bilden zwar einen Abschnitt der Landeswährung, gehören aber nicht zum eigentlichen M. Im ehemaligen Deutschen Reiche veranlaßten gehäufte Willkürhandlungen der allzusehr vermehrten Münzberechtigten zuerst Karl V., eine Reichsmünzordnung (von Eßlingen 1524) zu erlassen; sie erklärte die kölnische Mark für das allgemeine deutsche Münzgewicht, erregte aber den Protest mehrerer größern Reichsstände. 1559 legte Kaiser Ferdinand I. dem Reichstag zu Augsburg ein Münzedikt vor, dem zufolge statt der frühern Speziesreichsgulden zu 72 Kreuzer Reichsgulden zu 60 Kr., die den rheinischen Rechnungsgulden entsprächen, 91/2 Stück aus der rauhen 148/9lötigen Mark, aus der seinen Mark also 10,209 Gulden geprägt werden sollten. Der Reichstag zu Augsburg von 1566 beschloß, 8 Tlr. zu 68 Kr. aus der rauhen kölnischen 142/9lötigen Mark, 9 Stück aus der seinen Mark auszuprägen (9-Reichstalerfuß). wodurch die seine Mark zu 101/5 Gulden ausgebracht ward; die süddeutschen Kreise behielten den Gulden als Rechnungsmünze bei. Auf dem Frankfurter Reichstag von 1571 überwies man das Münzwesen den Kreisen und schlug den kurrheinischen, oberrheinischen und westfälischen, den ober- und niedersächsischen sowie den bayrischen, schwäbischen und fränkischen Kreis in bezug auf den M. zusammen; der österreichische sollte mit den drei letztern Kreisen in Münzsachen »gute nachbarliche Gemeinschaft und Gleichheit« halten. Die Unordnung nahm mehr und mehr überhand und wurde zur Zeit der Kipper und Wipper (s. d.) im 17. Jahrh. auf das äußerste gebracht. Auch die zwischen Reichsfürsten nun fester geschlossenen Übereinkünfte wurden nicht immer streng gehalten und von Zeit zu Zeit deren Abänderung unvermeidlich. Wichtige deutsche Münzfüße waren: der zwischen Sachsen und Brandenburg 1667 verabredete sogen. zinnaische M., nach dem die Mark Silber zu 101/2 Reichstlr. oder 153/4 Gulden ausgeprägt wurde; der Leipziger oder 18-Guldenfuß von 1690, der die Mark zu 12 Tlr. oder 18 Gulden ausbrachte und 1738 zwar zum Reichsfuß erhoben, aber nicht allgemein eingeführt wurde; der preußische oder (nach dem damaligen Generalmünzdirektor Philipp Graumann genannte) Graumannsche M. von 1750 (durch das Edikt vom 29. März 1764 fester gestaltet), nach dem die Mark zu 14 Tlr. ausgeprägt wurde; der Konventions- oder 20-Guldenfuß, nach dem infolge einer 1753 zwischen Österreich und Bayern abgeschlossenen Konvention, der später bis 1763 der bayrische, schwäbische, ober- und niederrheinische Kreis sowie der Kurfürst und die Herzoge von Sachsen beitraten, die kölnische Mark sein Silber zu 20 Gulden oder 131/3 Reichstlr. ausgeprägt wurde. Die nach demselben geprägten Münzen nannte man Konventionsmünze. Der 24-Guldenfuß von 1776 galt bis zur Münzkonvention von 1837 unter den Zollvereinsstaaten in Bayern, Württemberg, Baden, Hohenzollern, Großherzogtum Hessen, Nassau, Koburg und Meiningen. Man prägte aber (mit wenigen Ausnahmen) keine Kurantmünzen nach demselben, sondern münzte die jenigen des 20-Guldenfußes weiter und gab ihnen eine um ein Fünftel höhere Geltung als ihren Nennwert. An die Stelle dieses Münzfußes trat 1837 in den genannten Staaten der 241/2-Guldenfuß oder die süddeutsche Währung, nach der die Mark zu 241/2 Gulden, entsprechend 14 Tlr., ausgemünzt wurde. In Preußen war der Graumannsche M. beibehalten und durch ein Gesetz von 1821 weiter ausgebildet worden. Der Konventionsfuß bestand in Österreich bis zu der Münzkonvention vom 24. Jan. 1857, durch die, wie in den Staaten des bisherigen Münzvereins, der neue österrreich-deutsche M. dem nicht mehr die Mark, sondern das Zollpfund zugrunde lag, eingeführt ward (vgl. Münzverträge und darin besonders den Dreißigtalerfuß). Erwähnenswert sind noch einige Münzfüße, die sich aber meist auf sogen. Rechnungsmünzen bezogen: der schleswig-holsteinische Kurantfuß, nach dem[269] 3411/16 Mk. oder 119/16 Tlr. auf eine Gewichtsmark gingen; die hamburgische Bankvaluta, auch im Großverkehr Schleswig-Holsteins üblich, nach der früher 275/8 Mk. Banko oder 95/24 Speziestlr., später 273/4 Mk. Banko oder 91/4 Speziestlr. auf die Mark, zuletzt 591/3 Bankmark auf das deutsche Zollpfund gingen; in Lübeck und dem hamburgischen Kleinverkehr der lübische M., nach dem die Mark zu 111/3 Tlr. oder 34 Mk. gerechnet wurde, ein bloßer Rechnungsfuß, da man im Verkehr sich der groben Sorten des 14-Talerfußes bediente, der Taler = 40 Schilling oder 21/2 Mk., so daß dieser lübische M. tatsächlich und zuletzt gesetzlich ein 35-Markfuß war. Die bremische Louisdor- oder Pistolenwährung, nach der die deutschen Pistolen zu 5 Tlr. gerechnet wurden, war früher der einzige deutsche M., dem eine Goldmünze zugrunde lag, dessen Zahlwert im übrigen Deutschland daher nach dem Steigen und Fallen der Goldpreise veränderlich war. Alle diese Münzfüße haben seit der Einführung der deutschen Markwährung im Verkehr keine Geltung mehr. Vgl. Münzwesen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 269-270.
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