Botticelli

[271] Botticelli (spr. -tschelli), Sandro, eigentlich Alessandro di Mariano Filipepi, ital. Maler, geb. um 1443 in Florenz, gest. daselbst 17. Mai 1510, lernte bei einem Goldschmied B. (daher sein gewöhnlicher Name) und widmete sich dann der Malerei bei Filippo Lippi. Unter dem Einfluß der Pollajuoli und des Verrocchio bildete sich sein Stil weiter aus. 1478 erhielt er den Auftrag, die Bildnisse der Teilnehmer an der Verschwörung der Pazzi an den Wänden des Palazzo Pubblico zu malen, und 1480 führte er einen heiligen Augustin al fresco in den Ognissanti aus. Vornehmlich war er aber für die Medici tätig, die ihn durch zahlreiche Bestellungen in Anspruch nahmen. Um 1480 wurde er von Papst Sixtus IV. nach Rom berufen, wo er bis 1484 drei Fresken in der Sixtinischen Kapelle malte. Schon vor der Reise hatte er die Illustration einer Dante-Handschrift für Lorenzo von Medici, genannt Popolani, in Angriff genommen, in die er sich derart vertieft haben soll, daß er nach der Angabe Vasaris in Not geriet, wozu auch seine spätere Parteinahme für Savonarola und seine träumerische, zu mystischen Spekulationen geneigte Natur beitrugen. Ein Teil dieser Zeichnungen wurde frei benutzt zu den angeblich von Baccio Baldini herrührenden Stichen einer Florentiner Dante-Ausgabe von 1481. Der Originalkodex selbst mit 84 Federzeichnungen, welche die Phantasie und die Anmutsfülle Botticellis, seine Neigung für schwebende Figuren und fliegende Gewänder von der besten Seite zeigen, ist in das Berliner Kupferstichkabinett gekommen (hrsg. von Lippmann, Berl. 1884–87). Acht andre befinden sich im Vatikan (hrsg. von Strzygowski, Berl. 1889). Eine Gesamtausgabe (92 Blatt in halber Größe des Originals) veranstaltete Lippmann (Berl. 1896). Von seinen Altar- und religiösen Tafelbildern sind die hervorragendsten: runde Madonnenbilder in den Uffizien (darunter das sogen. Magnificat) und im Palazzo Pitti in Florenz, in Turin und im Berliner Museum, die Madonna zwischen den beiden Johannes ebenda, Madonna mit sechs Heiligen und die Krönung Marias in der Akademie und die Anbetung der Könige in den Uffizien zu Florenz, in der Eremitage zu St. Petersburg und in der Nationalgalerie zu London und eine Grablegung Christi in München. Tiefe der Empfindung und eine aus dem Herzen geschöpfte, echt religiöse Auffassung sind die Vorzüge dieser Andachtsbilder. Mit gleicher Begeisterung hat er sich in das Studium des klassischen Altertums versenkt, wofür seine mythologischen und allegorischen Darstellungen zeugen, an der Spitze die berühmte Allegorie des Frühlings in der Akademie und die Geburt der Venus in den Uffizien zu Florenz. Daneben sind noch die Stärke und die Verleumdung des Apelles (in den Uffizien) und Pallas, den Kentauren züchtigend (im Palazzo Pitti zu Florenz), eine Venus im Berliner Museum und Venus und Mars in der Nationalgalerie zu London zu nennen. B. hat auch Bildnisse (Giuliano de' Medici im Berliner Museum) und ein Genrebild: die Verlassene (beim Fürsten Pallavicini in Rom), gemalt. B. ist durch seine tiefe Innerlichkeit und durch sein Gefühl für zarte, seelenvolle Schönheit von starkem Einfluß auf gewisse Richtungen der modernen Kunst, insbes. auf die englischen Präraffaeliten, geworden. Vgl. Steinmann, Botticelli (Bielef. 1897); Supino, Sandro B. (Florenz 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 271.
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