Dittersdorf [2]

[62] Dittersdorf, Karl, seit seiner Nobilitierung Ditters von D., Komponist, geb. 2. Nov. 1739 in Wien, gest. 24. Okt. 1799 zu Neuhof bei Pilgram (Böhmen), wurde früh im Violinspiel unterwiesen, wirkte schon als Kind im Orchester der Benediktinerkirche zu Wien, 1751–61 in der Privatkapelle des Feldzeugmeisters Prinzen von Hildburghausen und trat nach Auflösung der Kapelle (1761) in das Orchester des Wiener Hoftheaters ein. In die Zeit dieser Anstellung fällt eine Reise mit Gluck nach Italien (1763), wo er als Violinvirtuos glänzenden Erfolg hatte. 1764 lief sein Kontrakt mit dem Theater ab, und da eine verlangte Aufbesserung abgeschlagen wurde, nahm D. die Kapellmeisterstelle beim Bischof von Großwardein an. Da dieser aber 1769 sein Orchester auflösen mußte, trat D. mit dem Auftrag, ein Privatorchester zu bilden, in den Dienst des Fürstbischofs von Breslau in Johannisberg, Grafen Schaffgotsch, und zwar in der Stellung eines Forstmeisters des Fürstentums Neiße, später als Amtshauptmann von Freiwaldau. In dieser Stellung erwarb sich D. 1773 das Adelspatent durch Vermittelung eines Agenten. In Johannisberg konnte D. seine Kompositionsbegabung zur Reise bringen, und wurde schnell durch Aufführungen seiner Werke in Wien, das er wiederholt besuchte, bekannt. Seine dort aufgeführten Oratorien: »Esther« (1773) und »Hiob« (1786) hatten allgemeinen Beifall gefunden; geradezu Enthusiasmus erregte seine komische Oper »Doktor und Apotheker« (ebenfalls 1786), die in ganz Deutschland, selbst in London, die günstigste Aufnahme fand und D. eine Popularität verschaffte, wie sie weder Haydn noch Mozart besaßen. Den gleichen Beifall fanden mehrere seiner spätern Opern, besonders »Das Rotkäppchen« (1788) und »Hieronymus Knicker« (1789). Auch als Instrumentalkomponist (Symphonien, Quartette, Quintette, Violinkonzerte, Klavierkonzerte etc.) genoß D. hohes Ansehen, bis er durch Haydn und Mozart zurückgedrängt wurde. Als 1796 Graf Schaffgotsch starb, wurde D. mit einer kärglichen Pension entlassen, fand aber in seiner Not Aufnahme auf dem Schlosse Rothlhotta des Barons v. Stillfried bei Neuhaus. Auch als Schriftsteller wurde D. bekannt durch zwei Briefe für die »Leipziger musikalische Zeitung«. »Über die Grenzen des Komischen und Heroischen in der Musik« und »Über die Behandlung italienischer Texte bei der Komposition«, ferner durch seine »Selbstbiographie« (Leipz. 1801; engl. Übersetzung, Lond. 1896), deren Schluß er wenige Tage vor seinem Tode seinem Sohne diktiert hatte. Zur Jahrhundertfeier seines Todes erschien eine Auswahl seiner Orchesterwerke in Neudruck bei Gebr. Reinecke in Leipzig, eine der Symphonien, bearbeitet von Kretzschmar, bei Breitkopf u. Härtel. Vgl. K. Krebs, Dittersdorfiana (Berl. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 62.
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