Egmond

[395] Egmond (Egmont), Lamoral, Graf von E., Prinz von Gavre, geb. 18. Nov. 1522 auf dem Schloß La Hamaide im Hennegau, gest. 5. Juni 1568, stammte aus einer alten niederländischen Adelsfamilie, die seit dem 12. Jahrh. die Schirmvogtei über die Benediktinerabtei E. bei Alkmaar in Nordholland besaß und in der Nähe eine im 16. Jahrh. zerstörte Burg erbaute. E. diente Kaiser Karl V. in verschiedenen Feldzügen, 1541 in Algerien, 1541, 1546 und 1552 in Deutschland und gegen Frankreich, und erwarb sich den Ruhm eines tapfern und verwegenen Soldaten. 1544 heiratete er zu Speyer des Pfalzgrafen Johann von Simmern Tochter Sabina, mit der er in glücklicher und kinderreicher Ehe lebte. Im spanisch-französischen Krieg 1556–59 spielte er eine hervorragende Rolle und zeichnete sich namentlich in den Schlachten bei St.-Quentin und bei Gravelines aus. 1559 machte ihn König Philipp II. zum Statthalter von Flandern und Artois. In den bald nachher beginnenden niederländischen Unruhen gehörte E. zu den unzufriedenen Großen, die sich der strammen Zentralisation der niederländischen Verwaltung und der streng katholischen Politik Philipps II. widersetzten und ein aristokratisches Regiment sowie ein gewisses Maß religiöser Toleranz durchsetzen wollten. Er wirkte mit zum Sturz des Ministers Granvella. Als Sprecher der niederländischen Adelsopposition ging er 1565 nach Spanien, aber von Philipp II. mit Schmeicheleien überhäuft, kehrte er unverrichteter Sache nach den Niederlanden zurück. Hier zeigte er sich nach dem Bildersturm (1566) als entschiedener Anhänger des Königs und des Katholizismus und verfolgte in seiner Provinz Flandern die Protestanten. Nichtsdestoweniger zürnte ihm Philipp wegen seiner frühern Opposition. E. aber fühlte sich ganz sicher, ließ die Warnungen Oraniens unbeachtet, ging Alba, als derselbe 1567 nach den Niederlanden kam, bis zur Grenze entgegen und ritt an seiner Seite in Brüssel ein. Dennoch ward er 9. Sept. gefangen genommen und vor den sogen. Blutrat gestellt. Sein Privilegium als Ritter des Vlieses wurde nicht geachtet; als Hochverräter und Rebell wurde er zum Tode verurteilt und gleichzeitig mit dem Grafen von Hoorn 5. Juni 1568 auf dem Marktplatz in Brüssel enthauptet. Sein großes Vermögen wurde eingezogen. Ein Denkmal wurde ihm, gemeinschaftlich mit dem Grafen Hoorn. 1864 in Brüssel errichtet (s. Tafel »Bildhauerkunst XVII«, Fig. 9). Egmonds Schicksal ist bekanntlich Gegenstand des klassischen TrauerspielsEgmont«) von Goethe; doch ist der Charakter des historischen E. ein andrer, als er von Goethe geschildert wird. Seine Söhne machten mit der spanischen Regierung ihren Frieden. Vgl. Bavay, Le procès du comte d'Egmont (Brüss. 1854); Juste, Le comte E. et le comte de Hornes (das. 1862).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 395.
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