Lemaître

[397] Lemaître (spr. lömǟtr'), 1) Frédéric, franz. Schauspieler, geb. 21. Juli 1800 in Havre, gest. 26. Jan. 1876 in Paris, trat zuerst am Odéon in Paris, dann am Ambigu comique und auf der Bühne der Porte St.-Martin auf, wo er durch das Stück: »Trente aus, ou la vie d'un joueur« populär wurde. Auf dem Theater der Folies dramatiques brachte er das von ihm mit Saint-Amand und Antier verfaßte Melodrama »Robert Macaire« auf die Bühne, das 72mal hintereinander gegeben wurde. Vietor Hugo schrieb für ihn den »Borgia« und »Ruy Blas«. Später spielte L. an mehreren Pariser Theatern. Stimmlos geworden, wirkte er zuletzt nur noch als Pantomimiker. L. war der theatralische Vertreter des romantischen Dramas und gleich groß in tragischen wie in komischen Rollen. Zweimal (1835 und 1845) spielte er auch mit großem Beifall in England. Vgl. Duval, F. L. et son temps (Par. 1876); »Souvenirs de F. L.« (hrsg. von seinem Sohn, das. 1879); Lecomte, Frédéric L. (das. 1888, 2 Bde.).

2) Jules, franz. Schriftsteller, geb. 27. April 1853 in Vennecy (Loiret) als Sohn eines Landwirts, war zuerst Zögling des kleinen Priesterseminars in Paris, bildete sich aber dann in der höhern Normalschule zum akademischen Lehrer aus, wirkte als solcher in Havre, in Algier, Besançon und Grenoble und widmete sich später in Paris dem Journalismus. In der »Revue bleue« tat sich L. zuerst durch seine Studien über zeitgenössische Schriftsteller hervor, schrieb geistreiche Chroniken für den »Figaro« und erwarb sich namentlich als Theaterkritiker des »Journal des Débats« den Ruf eines der ersten Stilisten. L. wurde als Nachfolger Durnys 1895 in die französische Akademie gewählt. Als Bühnenschriftsteller debütierte er im Odéon mit »La Révoltée« (1889), ließ dann im Vaudeville »Le député Leveau«, eine ungemein geistreiche politische Satire (1890), und »Flipote« (1893) folgen. In der Comédie-Française gelangten zur Ausführung »Le mariage blanc« (1891) und »Le Pardon« (1895), im Gymnase »L'âge difficile« (1895), in der Renaissance mit Sarah Bernhardt »Les Rois« (1893), nach dem gleichnamigen Roman. Das protestantenfeindliche Stück »L'Aînée« wurde von der Comédie-Française abgewiesen, fand aber 1898 im Gymnase Erfolg. L. ließ sich trotzdem durch die Politik ablenken und trat 1899 als Gründer der Ligue de la Patrie Française an die Spitze der nationalistischen Bewegung. Nach dem Mißlingen derselben kehrte er 1905 mit dem erfolgreichen Familienrührstück »La Massière« zur Bühne zurück. Der Band »Opinions à répondre« (1901) verficht eine autoritäre politische Reform innerhalb der Republik. Andre Werke sind: »Les Médaillons«, Gedichte (1880); »Petites Orientales«, Gedichte (1882); »La comédie aprés Molière et le théâtre de Dancourt« (1882); »Sérénus, histoire d'un martyr« (1886); »Les contemporains, études et portraits littéraires« (1885–95, 5 Bde.); »Impressions de théâtre« (1888–98, 10 Bde.; Bd. 1 in 17. Aufl. 1895); »Corneille et la poétique d'Aristote« (1888); »Myrrha«, Novellen (1894); »Théories et impressions« (1904); »En Marge des vieux livres«, geistvolle Weiterdichtung antiker u. christlicher Legenden (1905). Vgl. E. Sansot-Orland, Jules L. (Par. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 397.
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