Lilĭazeen

[549] Lilĭazeen, monokotyle Familie aus der Abteilung der Liliifloren, meist Stauden, Zwiebel-, selten Knollengewächse; einige haben strauch- und selbst baumartige Stämme, die zum Teil, abweichend von den übrigen Monokotyledonen, dauernd in die Dicke wachsen, wie Yucca und Dracaena. Die krautartigen L. haben oft einen einfachen Stengel mit grundständigen Blättern, bei den strauch- und baumartigen ist er meist verzweigt und an seinen obern Enden beblättert. Die am Grunde meist scheidigen Blätter sind stets einfach und ungeteilt, meist linealisch, bisweilen auch röhrenförmig hohl, selten breiter blattartig und gestielt.

Blüte von Gagea.
Blüte von Gagea.

Die meist großen, gewöhnlich schön gefärbten Blüten (s. Abbildung) stehen einzeln endständig auf dem Stengel oder bilden eine endständige Traube, Ähre, Dolde oder Rispe, die bisweilen trockenhäutige Deckblätter besitzen. Sie sind meist vollständig, regelmäßig, selten zeigen sie Neigung zur Zygomorphie. Das Perigon besteht aus zwei dreigliederigen, gleichartigen Blattkreisen; entweder sind alle sechs Perigonblätter frei oder mehr oder weniger röhren-, krug- oder glockenförmig verwachsen; die Nektarien befinden sich auf den Blumenblättern oder bilden in den Scheidewänden des Fruchtknotens die sogen. Septaldrüsen. Die sechs Staubgefäße sind in der Röhre des Perigons oder am Grunde der Perigonblätter befestigt. Der oberständige, nur selten halb unter- oder völlig unterständige, aus drei Karpellen zusammengesetzte Fruchtknoten ist dreifächerig und enthält im Innenwinkel jeden Faches wenige oder zahlreiche anatrope Samenanlagen. Er trägt einen endständigen, einfachen oder dreigeteilten Griffel. Die Frucht entwickelt sich meist zu einer dreiklappigen Kapsel, bei einigen zu einer Beere oder einem Nüsschen. Die Samen haben meist eine schwarze, krustige oder häutige Schale, ein fleischiges oder knorpeliges Nährgewebe und einen in der Achse des letztern liegenden geraden oder gekrümmten Keimling. Diese durch die Schönheit ihrer Blüten ausgezeichnete Familie mit ungefähr 2600 Arten ist mit Ausnahme der kältesten Klimate über die ganze Erde verbreitet, bewohnt aber in der größten Mehrzahl der Arten die wärmern, gemäßigten und subtropischen Zonen, denen zugleich ihre stattlichsten und baumartigen Formen angehören. Sie sind reich an Schleim, manche enthalten außerdem eine harzartige, bittere Substanz (Aloë) oder einen scharfen Extraktivstoff (Scilla) und finden deshalb medizinische Anwendung; die Allium-Arten zeichnen sich durch ein schwefelhaltiges ätherisches Öl aus und liefern in ihren Zwiebeln oder Blättern Gewürze und Genußmittel; die jungen Stengeltriebe von Asparagus officinalis L. sind wertvolle Nahrungsmittel. Neuseeländischer Flachs wird von Phormium tenax, [549] Faserstoffe von verschiedenen Arten von Sanseviera, Akaroidharz von Xanthorrhoea, Sassaparille von Smilax-Arten gewonnen. Zahlreiche, durch Blütenpracht und zum Teil durch Wohlgeruch ausgezeichnete Zierpflanzen sind bemerkenswert aus den Gattungen Tulipa, Lilium, Fritillaria, Funkia, Agapanthus, Hyacinthus, Hemerocallis, Muscari, Scilla, Aloe, Yucca, Dracaena u.a. Die L. zerfallen in die Unterfamilien der Melanthioideen (Kolchikazeen, Giftlilien, z. B. Colchicum u.a.), Asphodeloideen (Asphodelus, Hosta, Aloë u.a.), Allioideen (Allium u.a.), Dracänoideen (Yucca, Dracaena, Sanseviera), Lilioideen (Lilium, Tulipa, Scilla u.a.), Asparagoideen (Asparagus, Convallaria, Paris u.a.), Smilakoideen (Smilax) und einige andre. Vgl. Redouté, Les Liliacées (Par. 1802–1816, 8 Bde.); Regel, Die Funkia-Arten der Gärten (in der »Gartenflora«, 1876); Elwes, Monograph of the genus Lilium (Lond. 1877); verschiedene monographische Arbeiten von Baker im »Journal of the Linnean Society«, Bd. 11–17; Watson, Revision of the North American Liliaceae (in den »Proceedings of the North American Academy of Arts«, Bd. 14).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 549-550.
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