Rüsselkäfer

[273] Rüsselkäfer (Curculionidae, Rhynchophora), Käferfamilie, Insekten, deren Vorderkopf in einen kürzern oder längern, oft fadenförmig dünnen Rüssel ausgezogen ist, an dessen Spitze die in der Regel kleinen Mundteile mit sehr kurzen, gedrungenen Tastern eingelenkt sind. Die Fühler entspringen in einer Grube oder Furche des Rüssels, sind häufig gekniet und enden in einer Keule; die kugeligen oder zapfenförmigen Vorderhüften liegen in rings geschlossenen Hüftpfannen, die Hinterhüften sind klein, elliptisch, eingesenkt, die Flügeldecken umschließen den Körper. Die in der Regel weichhäutigen, dick warzenförmigen Larven mit hornigem Kopf, äußerst kleinen Fühlern, zweigliederigen Tastern, nicht oder in geringer Anzahl vorhandenen Augen, ohne Füße oder nur mit rundlichen Höckern an Stelle der Füße, leben unter der Rinde, im Bast und Holz von Bäumen, im Mark von Stengeln und Zweigen, in denen sie oft gallenartige Auswüchse erzeugen; viele nähren sich von Blättern, Samen und Früchten. Man kennt über 10,000 Arten, die bis an die äußersten Grenzen der Vegetation verbreitet, in der Neuen Welt zahlreicher als in der Alten und vorzüglich in Südamerika durch farbenprächtige Arten vertreten sind. Der große schwarze R. (Otiorhynchus niger Fab.), 10 mm lang, mit breiten Flügeldecken mit Grübchenreihen und zwischen diesen gerunzelt und gekörnelt, flügellos, schwarz, an den Beinen bis auf die Knie und Tarsen hellrot, findet sich an jungem Nadelholz und benagt nach der Überwinterung die Rinde junger Pflanzen, zunächst an der Wurzel, später am Maitrieb. Das Weibchen legt seine Eier an die Wurzeln der Nadelhölzer, die kurzen, gedrungenen Larven benagen die Wurzeln und verpuppen sich noch in demselben Jahr. Käfer und Larven richten oft großen Schaden an. Arten der Gattung: Grünrüßler (Phyllobius Schönh.), meist goldiggrün beschuppt, mit sehr kurzem, dickem Rüssel und ziemlich langen, dünnen Fühlern, befressen Knospen und Blätter von Laubhölzern und tun namentlich auch in Baumschulen oft großen Schaden. Der braune Grünrüßler (P. oblongus L.), 4 mm lang, vorherrschend schwarz, lang grau behaart, vernichtet besonders Pfropfreiser an Obstbäumen. Der große Kiefernrüßler (der R. schlechthin, Hylobius [Curçulio] abietis L., s. Tafel »Forstinsekten II«, Fig. 7), 13 mm lang, schwarz, glanzlos, dicht gekörnt, mit gelblichen Haarschuppen dicht bedeckt, die auf den Flügeldecken meist drei unregelmäßige Fleckenbinden darstellen, findet sich in Mittel- und Nordeuropa in Nadelwäldern, überwintert am. Fuße der Stämme unter Moos, Streu, in der Erde, legt im Juni und Juli seine Eier an nicht zu frische und nicht zu alte Stöcke von Kiefern oder Fichten und an die Enden der abgehauenen Wurzeln. Die borstenhaarige Larve frißt sich in geschlängelten Gängen bis auf den Spint durch und geht in die Wurzeläste bis 60 cm unter die Erdoberfläche. Sie überwintert, verpuppt sich am Ende der Gänge in einem kokonartigen Lager, und nach vier Wochen fliegt der Käfer aus. Dieser benagt die Knospen der Nadelhölzer, besonders von Kiefern und Fichten, auch von Laubhölzern, sowie die junge Rinde und wird drei- bis sechsjährigen Pflanzungen am verderblichsten. Zur Bekämpfung des Käfers hat man sich wesentlich auf Vorbeugungsmaßregeln zu beschränken. Recht ergiebig ist der Fang mit auf die Erde gelegter und beschwerter Kiefern- und Fichtenrinde und mit Kloben. Der kleine Kiefernrüßler (Pissodes notatus Fab., s. Tafel »Forstinsekten II«, Fig. 10), 7,5 mm lang, dem vorigen ähnlich, pechbraun, mit Ausnahme des Kopfes überall mit grauweißen Haarschuppen bedeckt, die auf dem Halsschild größere oder kleinere, grauweiße Punkte und auf den punktiert gestreiften Flügeldecken zwei Binden bilden, ist häufiger als der vorige, sticht besonders die Rinde junger Kiefern, seltener die von Weimutskiefern, Lärchen und Fichten an, überwintert dicht über der Wurzel in Borkenritzen oder in der Erde und legt seine Eier an lebende Stämme junger Kiefern. Die Larven fressen sich unter der Rinde und im Holz abwärts und verpuppen sich am Ende der Gänge in kokonartigem Lager. Meist fliegt nach wenigen Wochen der Käfer aus, doch überwintern auch einige Larven und Puppen. Häufig finden sich die Larven auch in vorjährigen Zapfen. Befallene Pflanzen müssen ausgerottet oder abgehauen und verbrannt werden, auch die angegangenen Stangenhölzer sind zu beseitigen. Der Buchenrüßler (Orchestes fagi L.), 2,5 mm lang, schwarz, grau behaart, an Fühlern und Füßen licht gelbbraun, lebt als Larve in Buchenblättern, in denen sich dieselbe verpuppt, erscheint im Juni und benagt dann die Blätter, auf diese Weise namentlich in Pflanzungen oft erheblichen Schaden anrichtend. Der Afterrüsselkäfer (Attelabus curculionides L.) in Europa auf Eichengebüsch, Molytes germanus L. in Europa, besonders in Gebirgsgegenden, und Chlorophanus viridis L. in Europa, s. Tafel »Käfer I«, Fig. 40–42; von exotischen Rüsselkäfern zeigen Tafel »Käfer II«, Fig. 19–21, die Brasilier Cyphus gemmatus und Brenthus Anchorago sowie Eupholus Schoenherri aus Neupommern. Über Blattroller (Rhynchites), Blütenstecher (Anthonomus), [273] Kornwurm (Sitophilus), Spitzmäuschen (Apion), Verborgenrüßler (Ceutorhynchus), Haselnuß bohrer (Balaninus), Juwelenkäfer s. d. Vgl. Schönherr, Genera et species Curculionidum (Par. 1833–45, 8 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 273-274.
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