Rechberg u. Rothenlöwen

[657] Rechberg u. Rothenlöwen, altes schwäb. Adelsgeschlecht, dessen Stammvater Ulrich 1163 die Marschallswürde im Herzogtum Schwaben bekleidete, das 1227 im Besitz der Burg beim Hohenstaufen war und auch das hohenstaufische Wappen im Banner führte. 1609 Reichsgrafen geworden, hatten die Rechberge seit 1613 Sitz und Stimme im schwäbischen Reichsgrafenkollegium. Gegenwärtig blüht bloß noch eine Linie, die Weißensteinsche, die in Württemberg die Herrschaften Donzdorf, Weißenstein etc. (140 qkm) und in Bayern die Herrschaft Mickhausen (84 qkm) besitzt. (Vgl. Heft 1893 der vom Verein der deutschen Standesherren herausgegebenen »Stammtafeln der mediatisierten Häuser«.) Die namhaftesten Sprößling e des Geschlechts sind:

1) Aloys, Graf von, geb. 18. Sept. 1766, gest. 10. März 1849, war beim Rastatter Friedenskongreß 1799 kurbayrischer Gesandter und unterzeichnete 1806 als bayrischer Komitialgesandter die Lossagung vom Reichsverband. Auch dem Wiener Kongreß wohnte er 1815 als bayrischer bevollmächtiger Minister bei, leitete nachher in München die Territorialausgleichung mit Österreich und vertrat 1819 Bayern beim Karlsbader Kongreß. 1825 trat er in den Ruhestand. – Sein Bruder Joseph, Graf von R., geb. 3. Mai 1769, gest. 27. März 1833, befehligte in den Feldzügen von 1813–15 ein bayrisches Armeekorps und war dann bis 1825 Gesandter am Berliner Hof.

2) Johann Bernhard, Graf von, jüngerer Sohn des vorigen, geb. 17. Juli 1806, gest. 26. Febr. 1899 auf Schloß Kettenhof bei Wien, trat 1828 in den österreichischen diplomatischen Dienst, war bei den Gesandtschaften in Berlin, London, Brüssel, 1841 Gesandter in Stockholm, 1843 in Rio de Janeiro, kehrte 1847 nach Europa zurück und ward im Juli 1848 österreichischer Bevollmächtigter bei der Zentralgewalt in Frankfurt a. M. 1851 ward er österreichischer Internunzius in Konstantinopel, 1853 Adlatus Radetzkys für die Zivilangelegenheiten des Lombardo-Venezianischen Königreichs, 1855 Bundespräsidialgesandter und 1859 Minister des Auswärtigen, des kaiserlichen Hauses und Ministerpräsident. Letztere Stellung mußte er im Dezember 1860 an Erzherzog Rainer abtreten. Als Minister des Auswärtigen leitete er die Politik Österreichs in der deutschen Frage, namentlich den Versuch einer Bundesreform 1863, vereinigte sich aber dann mit Bismarck zu der gemeinschaftlichen Aktion gegen Dänemark, die zum Wiener Frieden führte. Am 24. Okt. 1864 ward er wegen Differenzen mit Schmerling und infolge des Wechsels der österreichischen Politik durch Graf Mensdorff-Pouilly ersetzt. 1861 wurde er zum lebenslänglichen Mitglied des Herrenhauses ernannt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 657.
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