Rechberg u. Rothenlöwen

[876] Rechberg u. Rothenlöwen, schwäbisches Dynastengeschlecht; erscheint bereits im 11. u. 12. Jahrh. in Urkunden; Otto von R. war unter Kaiser Friedrich I. Domvogt von Regensburg, welche Würde auf Otto, seinen Sohn, u. Hartwich, seinen Enkel, überging. Als Stammvater wird Ulrich angenommen, 1163 Marschall des Herzogthums Schwaben; Hildebrand, dessen Sohn, folgte ihm im Amte u. dessen Brüder Ulrich u. Seifried waren Bischöfe von Speier u. Augsburg. Hildebrands Enkel waren schon 1227 im Besitz von Hohenstaufen. Im 13., 14. u. 15. Jahrh. hatten sie große Besitzungen, einen bedeutenden Lehnhof in Schwaben u. führten nebst den Truchsessen von Waldburg das Hohenstaufische Wappen im Banner; 1609 wurden sie zu Reichsgrafen erhoben u. wegen Aichheim u. Hohenrechberg 1613 in das Schwäbische Reichsgrafencollegium aufgenommen. Ursprünglich theilten sich die R. in zwei Linien, von welchen die Linie R unter den Bergen 1413 erlosch; von den vier Ästen der älteren Linie R. auf den Bergen besteht jetzt nur noch die Wiesensteinsche Linie; sie gehört zu den deutschen Grafenfamilien, deren Chefs seit 1829 das Prädidicat Erlaucht führen, u. folgt der Katholischen Confession. Besitzthum: die Grafschaft R. im Könige reich Württemberg, 21/2QM., Rest eines im 15. Jahrh. gegründeten Fideicommisses, welches 1806 mediatisirt ward, u. wegen welches das Haupt der Familie seit 1819 württembergischer erblicher Reichsrath ist, u. die 1842 von den Fürsten Fugger erkaufte Herrschaft Mickhausen im Königreich Baiern, 11/2QM.; Residenz: Donzdorf; Wappen: zwei rothe, mit dem Rücken gegen einander gekehrte Löwen in Gold. Merkwürdig sind: 1) Graf Aloys, geb. 18. Septbr. 1766; war 1799 kurbaierischer Gesandter beim Rastadter Friedenscongreß u. 1802 bei der Reichsdeputation, unterzeichnete 1806 als baierischer Comitialgesandter die Lossagung Baierns vom Reichsverbande, war 1815 bevollmächtigter Minister am Wiener Hofe u. Congresse, leitete in München die Territorialausgleichung mit Österreich u. begleitete den damaligen Kronprinzen von Baiern nach Mailand zum Kaiser Franz; 1816 ging er nach Wien, wo er den Ehevertrag des Kaisers Franz u. der Prinzessin Karoline von Baiern unterzeichnete, war 1819 beim Karlsbader Congreß als Abgeordneter Baierns u. wurde 1825 in Ruhestand versetzt; er trat 1842 seine sämmtlichen Güter seinem Sohne Albert (s. R. 5) ab u. starb 10. März 1849 in Donzdorf; er war vermählt mit Maria Anna geb. Gräfin von Schlitz (st. 1825). 2) Graf Joseph, Bruder des Vorigen, geb. 3. Mai 1769, machte als Commandant eines baierischen Corps die Feldzüge 1813– 15 gegen Frankreich mit, wurde 1826 baierischer Gesandter in Berlin u. st. 27. März 1833. 3) Karl, Bruder des Vorigen, geb. 2. Febr. 1775; war seit 1825 baierischer Oberkammerherr u. Oberhofmeister u. st. 6. Jan. 1847; er schr.: Voyage pittoresque en Russie, 4 Bde., Fol.; Les peuples de la Russie, Par. 1822, Fol. 4) Anton, Bruder des Vorigen, geb. 13. Mai 1776 in Donzdorf, trat 1794 in die baierische Infanterie, ward bald zur Cavallerie versetzt, zeichnete sich während des Revolutionskriegs vielfach aus u. stieg 1803 zum Major; er focht 1805 mit bei Iglau u. wurde bei Stocken gefangen; 1806 wurde er Generalstabsoffizier des baierischen Reitercorps in Schlesien, 1808 Oberstlieutenant, dann Oberst u. 1813 Generalmajor u. Chef des Generalstabs der Wredischen Armee, nahm bei Hanau den französischen General St. Andre gefangen u. zog 1814 mit nach Frankreich, folgte dem Prinzen Karl von Baiern zum Wiener Congreß, leitete 1815 wieder als Chef des Generalstabs den Marsch der baierischen Armee gegen Frankreich, erhielt dann die erste Cavalleriebrigade, wurde 1816 wieder Oberhofmeister des Prinzen Karl von Baiern, 1818 Generaladjutant, 1824 Generallieutenant u. st. 5. Jan. 1837 in München. Jetziger Chef: 5) Graf Albert, Sohn von R. 1), geb. 7. Dec. 1803, folgte seinem Vater, durch dessen Cession, 28. Sept. 1842 in den Familiengütern, ist erbliches Mitglied u. Präsident der Kammer der Standesherren in Württemberg u. lebenslänglicher Reichsrath in Baiern; vermählt seit 1830 mit seiner Cousine Walburga, Tochter des verstorbenen Grafen Johann Nepomuk (geb. 16. Jan. 1809); der Erbgraf Otto ist geb. 1833. 6) Graf Bernhard, Bruder des Vorigen, geb. 17. Juli 1806, ging im Juni 1851 als österreichischer Internuntius nach Constantinopel, woher er 1853 abberufen u. zur Verwaltung der Civilangelegenheiten im Lombardisch-Venetianischen Königreich[876] dem Feldmarschall Radetzky zur Seite gegeben wurde; am 12. Oct. 1855 wurde er zum Bevollmächtigten Minister Österreichs beim Deutschen Bunde ernannt u. Bundespräsidialgesandter, im Mai 1859 österreichischer Ministerpräsident u. zugleich Minister des kaiserlichen Hauses u. des Äußern u. bei der Regelung der innern staatsrechtlichen Verhältnisse der österreichischen Monarchie durch kaiserliches Diplom vom 20. Oct. 1860 als Staatsminister Chef des Staatsministeriums. Er ist vermählt seit 1834 mit Barbara, geb. Miß Jones; sein Sohn, Graf Louis (geb. 1835) ist Oberlieutenant im Adjutantencorps.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 876-877.
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