Thurn und Taxis

[517] Thurn und Taxis, vormals reichsständisches, jetzt standesherrliches Haus, in Bayern, Württemberg. Preußen, Böhmen, Mähren, Kroatien und Ungarn begütert, entstammt einer italienischen Familie aus der Landschaft Bergamo, aber ein Zusammenhang mit den Turriani (de la Torre) in Mailand ist nicht nachweisbar. Die berühmtesten Glieder des Geschlechts (s. Taxis) machten sich seit Ende des 15. Jahrh. durch die Einrichtung internationaler Reitposten berühmt, denen sich um die Mitte des 17. Jahrh. der Postwagen betrieb zugesellte. Kaiser Maximilian I. verlieh dem Geschlecht den erblichen Reichsadel, König Karl I. von Spanien naturalisierte es für alle ihm unterstehenden Länder. Johann Baptista von Taxis (gest. 1541), der Neffe des Franz von Taxis, ist der Stammvater der bestehenden Linien des Hauses T.; sein Bruder Simon begründete den mailändisch-römisch-neapolitanischen Zweig des Hauses, der 1797 im Mannesstamm ausstarb. Leonard I. (gest. 1612), Sohn von Johann Baptista, wurde 1608 erblicher Reichsfreiherr; sein Sohn Lamoral erhielt 1615 das Reichspostgeneralat als Erbmannlehen und wurde 1624 in den erblichen Reichsgrafenstand erhoben. Dessen Enkel, Graf Eugen Alexander (gest. 1714) wurde 1681 erblicher Fürst der Krone Spanien unter gleichzeitiger Erhebung der Besitzung Braine-le-Château im Hennegau zu einem Fürstentum mit dem Namen »Thurn und Taxis« und 1695 auch erblicher Fürst des Deutschen Reiches. Er verlegte 1702 die Residenz von Brüssel nach Frankfurt a. M., wo Fürst Anselm Franz (gest. 1739) das Palais erbaute,[517] das 1815–66 Sitz des Bundestages war. Fürst Alexander Ferdinand (1739–73) wurde 1748 kaiserlicher Prinzipalkommissar bei der allgemeinen Reichsversammlung in Regensburg, verlegte deswegen seinen Hofhalt dorthin und erreichte 1754 die Aufnahme in das Reichsfürstenkollegium. Fürst Karl Anselm (gest. 1805) führte 1776 die Primogeniturordnung ein. Durch den Lüneviller Frieden (1801) verlor das Haus die linksrheinischen Posten, erhielt die Abteien Marchthal und Neresheim und das Damenstift Buchau als Entschädigung, wurde durch die Rheinbundsakte mediatisiert und unterstand erst dem Fürst-Primas von Dalberg, seit 1810 der Krone Bayern. Für die an Bayern gefallenen Posten wurde Fürst Karl Alexander (gest. 1827) durch die Gebäude der ehemaligen Reichsabtei St. Emmeram in Regensburg, die Herrschaften Donaustauf und Wörth (Oberpfalz), für das Postregal im rechtsrheinischen Preußen 1819 durch das Fürstentum Krotoschin entschädigt. Die letzten Postgerechtsame des Hauses T., die noch 19 Teile des Deutschen Bundes umfaßten, fielen durch Vertrag vom 28. Jan. 1867 für 3 Mill. Tlr. an Preußen. Auf den Fürsten Maximilian Maria (gest. 1885) folgte dessen Bruder Fürst Albert Maria (geb. 8. Mai 1867 in Regensburg), der 1898 den nach dem Rechte der Erstgeburt vererblichen Titel »Herzog zu Wörth und Donaustauf« erhielt.

Die jetzt noch blühenden gräflichen und freiherrlichen Linien Thurn-Valsássina und Taxis in Innsbruck und Taxis von Bodogna und Valnigra in Südtirol haben sich schon vor Beginn des 16. Jahrh. vom Hauptstamm abgezweigt, ebenso die 1852 erloschene Linie von T., die in Augsburg und Neuburg a. D. ihren Sitz hatte. Vgl. Rübsam, Johann Baptista von Taxis nebst einem Exkurs: Aus der Urzeit der Taxisschen Posten (Freiburg 1889); Mehler, Das fürstliche Haus T. in Regensburg (Regensb. 1899); Lohner, Geschichte und Rechtsverhältnisse des Fürstenhauses T. (als Manuskript gedruckt, das. 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 517-518.
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