Uri

[960] Uri, einer der drei schweizer. Urkantone, grenzt im O. an Glarus und Graubünden, im S. an Tessin, im W. an Wallis, Bern und Unterwalden, im N. an Schwyz und hat ein Areal von 1076 qkm (19,5 QM.). Das Ländchen besteht aus dem von Hochgebirgen eingerahmten Haupttal der Reuß, vom Vierwaldstätter See bis zur Schöllenen (Urner Loch) und aus Ursern (s. d.), dem Tal der Furkareuß. Durchzogen von der Gotthardstraße, ist es noch auf fahrbaren Alpenstraßen in Verbindung durch den Klausenpaß mit Glarus, durch Oberalp und Furka mit Graubünden und Wallis und durch den Saumpfad von Surenen und den bald fahrbar gemachten Susten mit Unterwalden und Bern.

Kantonswappen von Uri.
Kantonswappen von Uri.

Der Kanton zeigt folgende Abstufungen im Jahresmittel der Temperatur: St. Gotthard (2100 m) -0,6°, Andermatt (1444 0) 2,8° (Januar -6,4, Juli 12,1°) und das söhnreiche Altorf (527 m) 9,3° (Januar +0,1°). Nur 44,4 Proz. der Oberfläche sind produktiv, wovon 113,85 qkm Wald. Der Ackerbau ist unbedeutend, Weinbau fast unbekannt. Land- und Alpenwirtschaft sind die Haupterwerbszweige der (1900) 19,732 zählenden Bevölkerung (darunter 773 Protestanten). Man zählte 1906: 240 Pferde, 13,129 Rinder, 2468 Schweine, 6247 Schafe, 8055 Ziegen und (1901) 1371 Bienenstöcke. Außer den Produkten der Tierzucht bildet Holz einen namhaften Ausfuhrartikel, ebenso Kirschwasser und Enzianbranntwein. Dazu ist U. ein Land der Touristenwelt und Kurorte. Amsteg und Urfern sind die Hauptplätze eines uralten Handels mit Bergkristallen und andern Mineralien. Seit Eröffnung der Gotthardbahn haben sich große Steinbrüche in Granit und Gneis entwickelt (Station Waffen und Gurtnellen). An Industriezweigen sind erwähnenswert die Herstellung von Dynamit und Parkettböden. Das Schulwesen ist, dem Charakter von Land und Volk entsprechend, nicht besonders entwickelt. Der Hauptort Altorf (s. d.) hat eine Kantonschule (Gymnasium) mit einem neu und komfortabel eingerichteten Kollegium. Uri bildet eine der Landsgemeinde-Demokratien der Schweiz mit Verfassung vom 6. Mai 1888. Die souveräne und gesetzgebende Behörde des Kantons ist die Landsgemeinde. Der Landrat ist die stellvertretend gesetzgebende und die oberste Verwaltungsbehörde. Derselbe wird von den Gemeinden, je ein Mitglied auf 400 schweizerische Einwohner, auf 4 Jahre gewählt. Die Landsgemeinde wählt, ebenfalls auf 4 Jahre, den Regierungsrat, d. h. die aus 7 Mitgliedern bestehende oberste Exekutive, deren Leitung dem Landammann zusteht. Das Kantonsgericht zählt 9 Mitglieder, die auf 4 Jahre ernannt werden. Die 20 politischen Gemeinden bilden nur einen Bezirk. U. ist in militärischer Hinsicht der Gottharddivision zugeteilt. Die Staatsrechnung für 1906 zeigt an Einnahmen 432,754, an Ausgaben 424,115 Frank.

Geschichte. Das Tal U., zum erstenmal 732 erwähnt, wurde von Ludwig dem Deutschen 853 der von ihm gestifteten Fraumünsterabtei zu Zürich geschenkt. Dadurch gelangte U. unter die Gewalt der Reichsvogtei Zürich. Nach dem Aussterben der Zähringer, die diese besessen hatten (1218), verlieh Friedrich II. die Vogtei über U. den Habsburgern; aber schon 1231 kaufte sein Sohn König Heinrich (VII.) vermutlich wegen des neu eröffneten Gotthardweges,[960] das Tal an das Reich zurück, und Rudolf von Habsburg bestätigte 1274 den Urnern die Reichsunmittelbarkeit. Dennoch fühlten sie sich von seiten Österreichs bedroht und schlossen mit Schwyz und Unterwalden das ewige Bündnis vom 1. Aug. 1291. Im J. 1309 empfing U. von Heinrich VIII. die Bestätigung seiner Reichsfreiheit, wurde aber von Friedrich dem Schönen 1315 mit Schwyz und Unterwalden in die Acht erklärt und half den Sieg bei Morgarten erfechten (über die Sage von Tell und Geßler s. d.). Die Rechte der Abtei und der übrigen Grundherren wurden nach und nach losgekauft. Reibereien zwischen U. und Mailand führten seit 1403 zu einer Reihe von Feldzügen, deren Resultat die Erwerbung des Leventinatals als eines urnerischen Untertanenlandes war (1440); auch das Urserental war seit 1410 von U. abhängig. In der Reformationszeit schloß sich U. stets der streng katholischen Politik von Schwyz und Luzern an. Nur unwillig fügte es sich der helvetischen Verfassung von 1798, kraft deren es mit Schwyz, Unterwalden und Zug zu einem Kanton Waldstätten verschmolzen wurde. 1799 wurde das Tal durch einen Aufstand, den Soult mit großem Blutvergießen dämpfte, dann durch die Kämpfe der Franzosen unter Lecourbe mit den Österreichern und Russen unter Suworow in eine Wüste verwandelt. Nachdem die Mediationsakte 1803 U. wieder als selbständigen Kanton, mit Urseren, aber ohne das Livinental, hergestellt, nahm es stets Anteil an den Sonderbestrebungen der ultramontanen Kantone und machte im Sonderbundskrieg einen Einfall in sein früheres Untertanenland Tessin, kapitulierte jedoch nach dem Falle von Luzern 27. Nov. 1847. Im J. 1850 gab sich U. sein erstes systematisches Grundgesetz, das es 6. Mai 1888 revidierte. Nachdem durch die eidgenössische Volksabstimmung vom 18. Mai 1879 das Verbot der Todesstrafe aus der Bundesverfassung entfernt worden, war U. der erste Kanton, der dieselbe wieder einführte. Vgl. Schmid, Geschichte des Freistaats U. (Zug 1788–90, 2 Bde.); Lusser, Leiden und Schicksale der Urner während der Revolutionszeit 1798–1803 (Altorf 1845) und Geschichte des Kantons U. (Schwyz 1862); Zeller-Werdmüller, Denkmäler aus der Feudalzeit im Lande U. (Zürich 1884); Denier, Urkunden aus U. (»Geschichtsfreund der V Orte«, Bd. 41–44, Einsiedeln 1886–1889); G. v. Wyß, Das Reichsland U. 1218–1309 (Zürich 1892); »Historische Neujahrsblätter«, hrsg. vom Verein für Geschichte und Altertümer von U. (Altorf 1895 ff.); »Uri, Land und Leute« (illustriert, Luzern 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 960-961.
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