Wereschtschagin

[535] Wereschtschagin, Wasilij, russ. Maler, geb. 26. Okt. 1842 in Tscherepovets (Gouv. Nowgorod), gest. 13. April 1904 auf dem Schiff Petropawlowsk vor Port Arthur, absolvierte erst die Marineschule in Petersburg, wurde 1859 Fähnrich, begann darauf seine künstlerischen Studien auf der dortigen Akademie und begab sich nach einem längern Aufenthalt in Tiflis und nach Reisen durch Frankreich und die Pyrenäen nach-Paris, wo er im Atelier Gérômes Aufnahme fand und hier zuerst in die malerische Technik eingeweiht wurde. 1867 begleitete er die Expedition des Generals Kaufmann nach Turkistan, wo er[535] sich durch seine militärischen Verdienste das Georgskreuz errang und wo sich ihm eine neue, bisher nur von dem Münchener Horschelt gestreifte Welt erschloß. 1870 ließ er sich in dessen Atelier in München nieder und führte die mitgebrachten Studien und Skizzen zu Gemälden aus, die aber weniger Szenen des Krieges als interessante Architekturen der bucharischen Städte und Genrebilder aus dem Volksleben in scharfer Charakteristik behandelten. Noch größern Beifall fanden die zahlreichen Bilder großen und kleinen Umfangs, stimmungsvolle Landschaften voll feinsten Farbenreizes und phantastische Architekturstücke, die als die Frucht einer 1874 nach Indien unternommenen Reise entstanden. 1877 nahm er an dem russisch-türkischen Winterfeldzug teil. Die Schrecken dieses Krieges ergriffen ihn so mächtig, daß er beschloß, durch eine malerische Schilderung der entsetzlichsten Greuel daraus eine allgemeine Friedenspropaganda zu eröffnen. Von Paris aus machten zu diesem Zweck seine Bilder, die nur Schlachtfelder mit Toten und Verwundeten, Plünderungen, Verbandplätze, ausgestorbene Lazarette, vom Schnee begrabene Soldaten, verstümmelte Leichen. Schädelpyramiden in krassester Charakteristik und oft roher Ausführung darstellen, 1881 bis 1882 eine von sensationellem Erfolg gekrönte Rundreise nach Wien, Berlin und andern Städten. Sechs davon befinden sich in der Tretjakowschen Galerie zu Moskau, die meisten in England und Amerika. 1884 unternahm er eine zweite Reise nach Indien und besuchte auch Syrien und die heiligen Stätten in Palästina, deren Studium ihn zu einer Reihe von Bildern aus dem Leben Christi in naturalistisch-ethnographischer Auffassung mit starker Betonung der Landschaft veranlaßten. Außerdem entstanden in diesen letzten Jahren noch zwei Kolossalbilder: Hinrichtung aufständischer Inder durch die Engländer und Hinrichtung russischer Nihilisten, sowie eine Reihe von Ansichten des Kremls in Moskau. In den letzten Jahren hat er außer zahlreichen Genrebildern, Interieurs, Landschaften u. dgl. aus Moskau, der Krim und dem Gouvernement Wologda einen Zyklus von elf Bildern gemalt, der den Feldzug Napoleons I. in Rußland behandelt. W. war auch als Schriftsteller tätig und gab unter anderm heraus: »Reiseskizzen aus Indien« (mit seiner Frau, deutsch, Leipz. 1882–1885, 2 Bde.); »Skizzen und Erinnerungen« (deutsch, das. 1885); »Vom Kriegsschauplatze in Asien und Europa« (deutsch, Berl. 1895); »Lebenserinnerungen: Meine Jugendjahre« (das. 1895). Vgl. E. Zabel, Wereschtschagin (Bielef. 1900). – Sein Bruder Alex. Wasiljewitsch machte sich ebenfalls als Schriftsteller bekannt; in Übersetzungen erschienen: »In der Heimat und im Kriege. Erinnerungen und Skizzen eines russischen Edelmanns« (Berl. 1886), »Selbstbiographien unbedeutender Leute« (das. 1896), »Skobelew im Türkenkriege und vor Achal-Teke« (das. 1900) und mehrere Schriften über den Feldzug in der Mandschurei.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 535-536.
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