Client

[209] Client, 1) im alten Rom ein Halbfreier, welcher zu einem Freien (Civis), zu dessen Geschlecht (Gens) er gehörte, in strengem Abhängigkeitsverhältniß, Clientel, stand. Der Herr des C. hieß Patronus. Die C-en bildeten nicht eine Masse gegenüber den Cives u. waren nicht deren Gesammtheit unterworfen, sondern sie waren in einzelnen Gruppen den einzelnen Geschlechtern zugetheilt u. an diese gebunden. Das Institut der Clientel ist uralt unter den italischen Völkerschaften, namentlich bei den Sabinern u. Etruskern; vielleicht waren die C-en Ureinwohner, welche von den einwandernden Eroberern unterworfen neben den neuen Herren des Landes fortbestanden, als deren Hintersassen u. Hörige sie ein Stück Land zur eignen Bebauung überlassen erhielten. Wie die Clientel in Rom entstand, ob durch das von Romulus eröffnete Asyl, od. durch die eingewanderten Sabiner u. Etrusker, ist ungewiß. Das Verhältniß der C-en zu den Patronen war ein Pietätsverhältniß; die C-en gingen sogar den Verwandten des Patrons vor. Die Pflichten des Patrons gegen den C. waren: er hatte dem C. das Recht auszulegen, sich dessen Vermögen u. Geschäfte anzunehmen, für ihn wegen erlittenen Unrechts Klagen anzustellen, od. wenn der C. verklagt war, ihn vor Gericht zu vertreten u. ihn überhaupt in Privat- od. öffentlichen Angelegenheiten zu schützen. Dagegen hatte der C. die Pflicht: bei Verheirathung der Töchter des Patrons, wenn derselbe nicht vermögend genug war, die Aussteuer theilweis zu tragen; dem Patron od. dessen Söhne im Fall der Kriegsgefangenschaft zu ranzioniren; Proceßkosten od. öffentliche Geldbußen ohne Wiedererstattung für ihn bezahlen, den mit öffentlichen Ämtern verbundenen Aufwand des Patrons bestreiten zu helfen; der C. durfte gegen den Patron nicht zeugen u. nicht stimmen; er mußte endlich ihm seine Aufwartung machen, auf das Forum u. beim öffentlichen Ausgang begleiten u. wahrscheinlich auch mit ihm in den Krieg ziehen. Das Verhältniß war ein erbliches; wie der C. den Geschlechtsnamen des Patrons führte, so war er auch mit seinen Nachkommen an die Familie des Patrons gebunden. Das Verhältniß war aber auch ein heiliges; ein Patron, welcher sich an seinem C. verging, wurde als sacer erklärt, d.h. war den göttlichen Gerichten verfallen u. sein Haupt den unterirdischen Göttern geweihet, u. als solchen durfte ihn jeder ungestraft tödten, u. Strafen warteten sein noch in der Unterwelt. Zur Zeit der Republik bestand Anfangs die Clientel noch fort; nach u. nach bildete sich aber neben der Plebs eine Clientenklasse, deren Glieder in die Tribus vertheilt wurden u. wahrscheinlich die Gewerbtreibenden bildeten, u. welche, ihres alten Verhältnisses eingedenk, es immer mit den Patriciern gegen die Plebejer hielten, mit ihnen stimmten, u. wenn die Plebejer den Patriciern den Kriegsdienst verweigerten, mit diesen allein auszogen. Wenn das Institut der Clientel in Rom aufgehört hat, ist ungewiß; gewöhnlich nimmt man an, daß es mit der Einführung der Gesetze der 12 Tafeln geschehen sei. Doch blieb auch für spätere Zeit die Clientel noch, indem bes. neue Bürger sich in ähnlicher Weise an eine Familie anschlossen,[209] deren Protection sie genossen u. deren Anhang hinwiederum sie vermehrten. Auch Fremde u. auswärtige Bürger aus Colonien u. Municipien hatten als C-en in Rom ihre Patrone, so waren die Marceller von den Siculern, die Fabier von den Allobrogern etc. zu Patronen gewählt. Die Clientel erlosch, sobald ein C. ein Eurnlisches Amt erhielt, also als ein Adeliger angesehen wurde. In der Kaiserzeit waren die C-en nur der bezahlte Hofstaat der Reichen, welchen sie ihre Staatsvisiten machten u. welche sie beim öffentlichen Ausgang begleiteten, wofür sie Erfrischungen erhielten od. zu Tisch geladen wurden od. auch Geldgeschenke empfingen (Sportula). Wegen der Ähnlichkeit ihres Clientenverhältnisses nannten die Römer auch das Verhältniß der kleineren gallischen Völkerschaften, welche unter dem Schutz großer u. mächtiger Völkerschaften standen, Clientel. 2) Im Mittelalter Lehnsmann, s. Adel; daher Clientel u. Clientelarjurisdiction, die Gerichtsbarkeit eines Lehnsherrn über seinen Lehnträger; 3) Jeder, der in einer Rechtssache einen Rechtskundigen zum Beistand erwählt; 4) der den Schutz od. die Fürsprache eines Höheren genießt od. sucht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 209-210.
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