Luxemburg [2]

[635] Luxemburg, Hauptstadt des Großherzogthums Luxemburg, an der Alzette u. dem Petersbach; hat Handelsgericht, Militärspital, akademisches Gymnasium (Athenäum), Bibliothek, Antiquitätencabinet, Gerbereien, Pappendeckel- u. Preßspanfabrik, Eisenhandel; Eisenbahnverbindung mit Trier, Metz u. Namur; Freimaurerloge: Blücher von Wahlstadt; 12,200 Ew. L. ist eine der stärksten Festungen des Deutschen Bundes, deren Besatzung zu 3/4 aus Preußen u. 1/4 aus Niederländern besteht, u. deren Gouverneur u. Militärcommandanten zu ernennen der König von Preußen seit 1816 das Recht hat. Die obere Stadt liegt auf einem steilen, aus dem Alzetthale etwa 200 Fuß aufsteigenden, durch eine Umwaltung befestigten Felsen, auf dem linken Ufer der Alzette. Durch den Felsen sind drei über einander liegende Gänge gebrochen u. er böscht sich auf der einen Seite steil nach der Alzette ab. Auf der andern Seite jedoch ist die Stadt durch gute u. starke Bastions befestigt, vor denen, außer den gewöhnlichen Ravelins u. Contregarden, noch zwei Reihen Lunetten, die durch zwei Glacis mehre Festigkeit erhalten, liegen. Die Enceinte der Stadt wird durch neun Bastions gebildet, von denen die eine (die Heiligengeistbastion) durch ein Hornwerk von der Stadt getrennt ist u. eine Art von Citadelle bildet. Jenseit des Petrusbachs, der in einem sehr steilen Thale vor der Heiligengeistbastion hinfließt, befindet sich ein System von detachirten Werken, bestehend aus drei detachirten Bastions, Ravelins u. Lunetten zwischen ihnen u. einem Glacis, links neben diesen Werken aus einem Hornwerk, nebst großer Redoute vor demselben. Tief unten im Thale der Alzette liegt nun die kleinere, untere Stadt (der Grund) u. das Pfaffenthal, wo sich das Gouvernementshaus, Casernen etc. befinden. Beide sind durch eine befestigte Linie gedeckt, die größtentheils auf dem rechten Ufer der Alzette hinläuft u. zugleich eine zweite äußere Enceinte der steilen Hälfte der Oberstadt bildet. Auch sind die drei Höhen, die sich am rechten Ufer der Alzette nach diesem Flüßchen herunterziehn, die eine durch ein Kronenwerk, welches ein Hornwerk vor sich hat, die zweite durch ein dergleichen kleineres mit zwei detachirten Forts vor sich u. die dritte durch zwei vor einander liegende Forts festgehalten. Mehr noch als die Festungswerke sichert der felsige Boden gegen Angriffe, denn fast alle Werke sind in Felsen gehauen, u. nirgends kann der Feind nur einige Fuß tief graben, ohne auf Felsen zu stoßen. Freilich bedarf L. aber wegen ihrer zu großen Menge Werke einer sehr großen starken Besatzung (etwa 6000 Mann).– Die Stadt L. entstand seit dem 10. Jahrh. aus dem Schloß Lucelinburg (Lucelingburg). Die Grafen aus diesem Hause befestigten die Stadt nach u. nach sehr, u. noch mehr wurde sie nach der Erfindung des Schießpulvers verstärkt. Den 22. Nov. 1443 nahm der Herzog Philipp von Burgund L. durch Leiterersteigung bei Nacht, 1479 eroberten es die Franzosen, wurden aber in demselben Jahre von den Markgrafen von Baden vertrieben; 1542 nahmen sie die Franzosen unter dem Herzog von Orleans ein, verloren sie aber bald durch den Prinzen von Oranien, Feldobersten Karls V., wieder; 1543 nahm sie Franz I. nochmals, übergab sie aber 1544 an Gonzaga. Mitten im Frieden ließ ste Ludwig XIV. 1684 durch den Marschall von Crequi u. Vauban, welcher den Angriff leitete, nach langer Belagerung wegnehmen, behauptete sie, ließ die Werke durch Vauban verbessern u. gab sie erst im Ryswijker Frieden (1697) wieder heraus. 1701 wurde L. den Franzosen von dem Kurfürsten von Baiern, damaligem Statthalter der Niederlande, übergeben u. gelangte erst im Utrechter Frieden, 1713, wieder an Österreich. Kaiser Karl VI. verstärkte hierauf die Werke, u. 1733 betrug die Besatzung 14,000 Mann. L. wurde seitdem nicht förmlich angegriffen, sondern 1795 durch Hunger von den Franzosen bezwungen; auch 1814 wurde es von preußischen u. dann von hessischen Truppen unter Dörnberg wieder blockirt u. erst nach dem Frieden von Paris den Alliirten übergeben. Nach der Belgischen Revolution von 1830–1839 war L. die einzige Stadt des Großherzogthums, welche dem König von Holland nicht verloren ging.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 635.
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