Ostindische Handelsgesellschaften

[500] Ostindische Handelsgesellschaften (Ostindische Compagnien), Handelsgesellschaften, welche sich in den bedeutenderen europäischen Seestaaten behufs des Handels nach Ostindien gebildet haben; die wichtigsten sind: 1) die Englisch-Ostindische Compagnie, s.u. Handelsgesellschaften II. C); 2) die Französisch-Ostindische Compagnie; mehre Privatgesellschaften hatten vergeblich 1601, 1616 u. 1642 auf Madagascar versucht, sich festzusetzen, als Colbert 1664 eine O. H. nach dem Muster der holländischen mit einem Octroi von 50 Jahren u. mit einem Fonds von 50 Millionen Francs, wovon der König 3 Mill. übernehmen wollte, errichtete. Auch Fremde, welche für 20,000 Fr. Actien nahmen, durften beitreten. Als die Niederlassung auf Madagascar nicht gehalten werden konnte, versuchte sich die Handelsgesellschaft vergebens auf Sumatra u. Ceylon zu setzen, bis ein französischer Kaufmann Martin ihr seine vom Radscha von Bessapur gekauften Besitzungen überließ, wo Pondichery begründet wurde. 1672 bestanden bereits Verbindungen mit China, Siam u. eine Factorei in Bengalen,[500] sogar auch eine Militärmacht (die erste europäische in Indien). Die Holländer eroberten 1603 Pondichery u. gaben diese Hauptstadt erst 1697 im Ryswicker Frieden zurück. Die Geschäfte der Handelsgesellschaft stockten, so daß 1682 der Handel 5 Jahre lang jedem Fremden freigegeben wurde, mit dem Beding, sich der Schiffe der Gesellschaft zu bedienen u. 5 Proc. abzugeben, od. laut späteren Privilegien 15 Proc. von der Rückfracht zu erlegen. 1714 wurde indeß das Octroi wieder auf 10 Jahre aufgenommen. Dumas, dem man nach dem Fall der Indischen Compagnie die Leitung der Compagnie übertrug, erhielt vom Mogul die Erlaubniß, Geld zu prägen, was jährlich gegen 130,000 Thaler eintrug; der Radscha von Tandschore verkaufte ihr einen District von 113 Dörfern mit 20,000 Pfund Einkünften u. der Stadt Karikal, welche befestigt wurde, u. man colonisirte auch die Inseln Isle de France u. Bourbon. Im Kriege mit England wurde 1744 Madras u. die Küste von Coromandel genommen, ersteres aber 1748 beim Aachener Frieden zurückgegeben; doch mischte sich das Ministerium in die inneren Angelegenheiten der Handelsgesellschaft, ernannte nach Gutdünken Directoren u. Commissaren u. Alles Errungene ging verloren. 1771 zu Land u. See geschlagen, mußte die Gesellschaft Pondichery übergeben. Die französische Regierung übernahm für 30 Mill. Fr. ihr Eigenthum u. gab den Handel frei. 1785 wurde die Herstellung dieser Handelsgesellschaft nochmals versucht, konnte indeß vor der Englisch-Ostindischen Compagnie nicht mehr aufkommen u. mußte 1791 eingehen. 3) Die Dänisch-Ostindische Compagnie, die älteste Handelsgesellschaft Dänemarks, errichtet 1616. Ein mißvergnügter holländischer Factor auf Ceylon gab Veranlassung, daß sechs dänische Schiffe dahin abgingen, welche aber daselbst keine günstige Aufnahme fanden, daher nach der Küste von Tandschore steuerten u. die Niederlassung Tranquebar mit der Festung Dansborg begründeten. Das Capital der Gesellschaft betrug 250,000 Thaler in 250 Actien, womit Anfangs sehr gute Geschäfte gemacht wurden. 1634 überließ die Handelsgesellschaft ihre Rechte u. Besitzungen an die Regierung. 1670 erhob sie sich von Neuem, ging aber 1730 wieder ein. 4) Die Schwedisch-Ostindische Compagnie, seit 1731 gestiftet, erneuert 1766 u. 1786, bestand unter wechselnder Einrichtung, doch mehrentheils günstigen Geschäften, hauptsächlich durch die Theilnahme vieler Ausländer u. lieferte in der günstigen Zeit eine Dividende von 26 Proc. Seit 1806 neu fundirt hat sie ihren Sitz in Gothenburg u. sendet jährlich einige Schiffe nach Ostindien u. China. Für jede Reise zahlt sie der Krone 15,000 Thaler Silbermünze u. erlegte bei der neuen Begründung 3 Mill. Thaler, wovon 1 Mill. unverzinsliche Versicherung u. 2 Mill. verzinslicher Vorschuß sind.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 500-501.
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