Rubens

[415] Rubens, 1) Peter Paul, geb. 28. Juni 1577 in Siegen (nicht wie oft behauptet wird, in Köln); in Folge eines über seinen Vater Johann R. (einen adeligen Schöppen in Antwerpen) verhängten Bannes mußten seine Eltern Köln verlassen u. wohnten zur Zeit seiner Geburt in Siegen. Bald darauf siedelte die Familie nach Köln über. Hier erhielt der junge R. eine gelehrte Erziehung u. kam nach dem Tode des Vaters 1587 nach Antwerpen als Page der ausschweifenden Gräfin von Lalaing, bei welcher er jedoch nicht lange blieb; der Kunsttrieb war früh in ihm erwacht, sein Lehrer in der Malerei war Otto Veenius. Als R. 1600 nach Italien kam nahm ihn Herzog Vincenz Gonzaga von Mantua als Edelknabe in seine Dienste, in denen er 8 Jahre blieb u. Reisen durch Italien u. Spanien machte. Die Krankheit seiner Mutter rief ihn nach Antwerpen; ihr Tod u. die Versprechungen der Erzherzöge zu Brabant, welche ihn 1609 zu ihrem Hofmaler machten, so wie die Liebe zu Elisabeth Brant (die er nachher heirathete, welche aber 1629 starb), hielten ihn dort fest. Er erbaute sich ein prächtiges Haus, welches er mit vielen Schildereien, Vasen, Büsten u. anderen Kunstwerken ausschmückte, erlangte auch als Staatsmann großen Einfluß, so daß er von der Infantin Isabella zu vielen politischen Unterhandlungen gebraucht wurde u. auch 1630 den Frieden zwischen England u. Spanien abschloß. 1630 verheirathete er sich wieder mit Helena Forman, deren Bildniß er in seinen Gemälden häufig anbrachte, u. st. 30. Mai 1640 in Antwerpen, wo ihm 1840 eine Ehrenstatue errichtet wurde. Seiner künstlerischen Werke sind viele, in Deutschland allein sind in Wien im Belvedere[415] 44, in der Liechtensteinschen Gallerie 33, in München über 100, in Dresden über 30, in Berlin u. Potsdam 50, in den Niederlanden, in Antwerpen, Brüssel, in Paris eine Unzahl von Gemälden von ihm. Freilich wird sein Name häufig gemißbraucht, da er eine Manier hatte, deren Äußerlichkeiten, als gelbliche Lichter, bläuliche Schatten u. rothe Reflexe u. dgl., leicht nachzumachen waren, u. da er zu den meisten großen Gemälden nur die kleinern Skizzen entwarf u. die Ausführung seinen zahlreichen Schñlern übertrug. Er zeichnete sich aus durch die Leichtigkeit, mit welcher er seine Bilder schuf, durch die Freiheit, mit welcher er jede Stellung u. Geberde wiedergab, durch die Frische seiner Farben u. durch die Sicherheit, mit welcher er sie auftrug. In Allem, wo er die Natur vor sich hatte, also vornehmlich den Portraits, zeigt er eine ungemeine Gabe, den natürlichen Effect hervorzubringen, wobei er durch eine leichte Handhabung des Pinsels unterstützt wird. Ganz unvergleichlich ist er in Behandlung der Farbe, welche, flüssig u. durchsichtig, oft wie von Licht durchdrungen erscheint. In allem Übrigen, wo frei die Phantasie schuf, bewährt er seinen großen Ruhm vornämlich in Darstellungen von wildem Kampf u. Ungestüm, wie z.B. in seinen Löwen- u. Bärenjagden, in einzelnen Kämpfen etc. Dagegen gerieth er bei allen Darstellungen des Edlen u. Schönen, od. gelinder Affecte auf Abwege u. trug seine vorherrschende Neigung auf Gegenstände über, welche ihrer Natur nach schon gräßlich, durch seine Auffassung aber gräulich wurden, wie die jüngsten Gerichte von seiner Hand; ja er konnte bis ins Ekelhafte sinken. Geschmack, welcher ihm in der künstlerischen Auffassung mangelte, fehlte vor Allem seiner Zeichnung, sowohl des Nackten, als der Gewänder, wo man weder großartige, noch schöne Lineamente u. Massen wahrnehmen kann, so wie auch seine nackten Körper meist den Eindruck von rohem Fleisch machen. Vgl. Basan, Catalogue des estampes gravées d'après R., Par. 1767; Michel, Histoire de la vie de R., Brüssel 1771; Smit, Historische Levensbeschrijving van R., Amsterd. 1774; Waagen, Über Peter Paul R., in Raumer's Historischem Taschenbuch 1833; van Hasselt, Histoire de R., Brüssel 1840; Gachet, Lettres inédits de R., ebd. 1840; Engelberth Gerrits, R. zijn tijd en zijne tijgenooten, Amsterd. 1842; Noel-Sainsbury, Original unpublished papers illustrative of the life of Sir Peter Paul R. as an artist and a diplomatist, Lond. 1858.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 415-416.
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