Songarei

[281] Songarei (Sangarei, Sungarei, Dsungarei, Land von Ili, chinesisch Thian-schan-pe-lu), der äußerste nordwestliche Theil des chinesischen Reiches, an Sibirien grenzend, hatte bis 185420,000 QM. Flächeninhalt, hat aber seitdem einen Ländercomplex von 3365 QM. an Rußland abtreten müssen, welcher jetzt einen eigenen Bezirk, den Alatau'schen, bildet u. die Länder der Großen Kirgisenhorde u. der Schwarzen Kirgisen od. Buruten mit dem See Issyk-Kul in sich begreift u. zum Verwaltungssitz die seit 1854 bestehende Festung Wjernoje (auch Almat genannt) erhalten hat. S. grenzt im Osten u. Nordosten an die chinesische Provinz Kan-su, die Mongolei u. die Wüste Ghobi, im Süden an die Bucharei, im Westen früher an die Kirgisengebiete, jetzt an Khokänt, ist theilweis sehr gebirgig, indem Zweige des Altai den Norden u. Süden durch ziehen, theilweis wiesen- u. wasserreich, indem die Ströme Irtysch, Imil, die Steppenflüsse Tschui, Sarasu u. der untere Lauf des Syr-Darja das Land bewässern, u. große Seen, wie Saissan, Alakul, Alaktugul, Balkasch u.a.m. kolossale Wasserbassins bilden. Der Ostsaum der alten, ehemals viel umfangreicheren S. ist neuerlich der chinesischen Provinz Kan-su zugetheilt. Die Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Kalmücken (Ölöten od. Öloten); den zweiten Hauptbestandtheil bilden die Kirgisen, welche sich in Steppenkirgisen u. Buruten od. schwarze, auch Berg- od. Felskirgisen scheiden. Letztere sind jetzt ganz dem russischen Scepter unterthan, auch das Gros der Steppenkirgisen ist in neuerer Zeit mit seinen drei Sultanen dem russischen Czaren tributpflichtig geworden. Etwa 350,000 Seelen bilden gegenwärtig noch die China unterthänige Bevölkerung der S. Der chinesische Statthalter regiert in Ili. Früher wurde die Statthalterei eingetheilt in die Provinzen Tarbagatai (welche jetzt ganz russisch ist), Kur-kara-ussu (wovon der Westtheil um den Alakul jetzt ebenfalls den Russen gehört) u. Ili; auch der frühere besondere Burutencanton (jetzt Rußland einverleibt) u. die früheren gesonderten Cantone Barkol u. Urumthi (setzt zu Kan-su geschlagen) gingen für die S. verloren. Die Kirgisen sind meistentheils Muhammedaner, ein Theil jedoch bereits zur Griechischen Kirche übergetreten, die Kalmücken u. die außerdem noch hier ansässigen Chinesen u. Mandschu sind Buddhisten. Das Land eignet sich trefflich für Viehzucht, daher Pferde, Schafe, Rindvieh, Kameele u. Esel in großen Heerden gehalten werden. Der Ackerbau beschränkt sich auf Weizen, Gerste u. Hirse im Norden, südwärts, bes. um Ili, gedeiht auch Reis u. Obst, Tabak u. die Maulbeerstaude, daher die Seidenzucht emsig betrieben wird. – Nach dem Verfall der mongolischen Herrschaft wurde S. der Schauplatz vieler gesonderter Khanate. Das Gebirgsland wurde im 15. Jahrh. von den Ölötischen Kalmücken besetzt, welche sich bald auch in die südlichen Niederungen ausbreiteten u. allmälig vom Altai bis Kuen-Lun ihre Herrschaft erstreckten. Am Ilistrom herrschte der berühmte Stamm der Öloten, der Stamm Songar (s. Songaren), aus welchem die Khane erwählt wurden; daher wurde das ganze Land allmälig mit dessen Namen benannt. Im 18. Jahrh., unter der Herrschaft ihres bedeutendsten Khans, Khanghi, waren sie sowohl den Russen, als auch den Chinesen furchtbar. Sie fielen verheerend u. raubend oft in beide Nachbarreiche ein. Innere Zerwürfnisse erschütterten indeß die Songarenherrschaft u. erleichterten den Chinesen die Unterwerfung des Landes, welche in den Jahren 1757 u. 1758 statt fand.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 281.
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