Tscherning

[899] Tscherning, 1) Andreas, geb. 18. Nov. 1611 in Bunzlau, studirte in Breslau, wurde aber hier nachmals vertrieben u. ging nach Rostock, wo er 1644 Professor der Dichtkunst wurde u. 27. Sept. 1659 starb. Als Dichter gehörte er zu der Opitz-Schlesischen Schule u. bediente sich anapästischer u. daktylischer Versarten, welche damals noch nicht allgemein üblich waren. Er übersetzte die Sprüchwörter des Ali; seine Gedichte erschienen als Deutscher Gedichte Frühling, Bresl. 1642 u. 1649, u. Vortrab des Sommers, Rostock 1655; schr. auch: Unvorgreifliche Bedenken über etliche Mißbräuche in der deutschen Schreib- u. Sprachkunst, insonderheit der edlen Poeterei, Lüb. 1659. Proben seiner Gedichte im 7. Bde. von W. Müllers Bibliothek deutscher Dichter des 17. Jahrh. 2) Anton Friedrich, geb. 1795 in Frederiksvärk; nach vollendeten Vorstudien trat er 1813 ins Artilleriecorps, war 1814 bei der Blockade von Jülich thätig, avancirte nach dem Frieden zum Lieutenant u. bildete sich 1817 u. 1818 in den Artillerieschulen zu Paris u. Metz weiter aus. Nach seinem Vaterlande zurückgekehrt, erhielt er Anstellung beim Aufsichtspersonal in Frederiksvärk, wurde 1828 Hauptmann u. ging hierauf nach Morea, um als Freiwilliger im französischen Besatzungscorps zu dienen, wo er bis 1830 blieb u. dann in Kopenhagen in der neuerrichteten Artillerieschule als Lehrer angestellt wurde; 1834 bis 1838 besuchte er die größten Artillerieschulen u. Geschützgießercreien in Europa, um die verschiedenen Systeme u. Fortschritte in diesem Fache zu studiren; 1839 übernahm er die Verwaltung einiger Kohlengruben in der Auvergne u. wurde bald darauf Director der neuentstehenden Eisenbahn von Cette u. Montpellier, welche er zur Ausführung brachte; dann kehrte er in sein Vaterland zurück, wo er einer der Chefs des Artilleriecorps wurde. Nach kurzer Thätigkeit auf diesem Posten nahm er 1841 seine Entlassung, trat ins Privatleben u. beschäftigte sich auf dem Felde der Publicität zum Theil mit Politik. Er gilt als erster Anreger des Vereins der Bauernfreunde in Dänemark, sowie er auch 1848 mit Orla Lehmann im Casino in Kopenhagen der vorzüglichste Stimmführer war. Die Bewegung dieses Jahres führte ihn wieder in die Thätigkeit, er trat im März in das sogenannte Casinoministerium, übernahm hier das Departement des Kriegs u. entwickelte besondere Thätigkeit für das dänische Heerwesen. Da sich bei der Reichstagswahl die alte Regierungspartei mit den Demokraten gegen die für beide zu weit gehende Casinopartei vereinigt hatte u. die Wahlen in diesen Schattirungen ausgefallen waren, u. da sich das Ministerium ebenfalls gedrängt sah durch Englands Friedensvorschläge in Betreff der Trennung Schleswigs von Holstein, so legte T. im November d. J. mit seinen Collegen nieder, wurde zum Obersten ernannt u. blieb bis 1852 Mitglied des Volksthings. Bei der Wahl im Febr. 1853 fiel er durch, doch trat er 1854 wieder ein, wurde Mitglied des Reichsraths u. im Volksthing gingen seine Vorschläge über Veränderung des Gesammtversassungsplanes, so wie über die Zusammensetzung des Reichsraths durch.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 899.
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