Weide [2]

[22] Weide, die Pflanzengattung Salix (s.d.) aus der Familie der Salicinae u. der Klasse der Kätzchenblüthler. Die sehr zahlreichen Arten werden nach Koch u. Reichenbach unter folgende Gruppen gebracht: A) Gletscherweide (Glaciales), zwergartige, kriechende Sträucher mit endständigen Kätzchen; hierher gehört: a) Salixherbacea L., mit kreisrunden, etwas eingedrückten, glänzenden Blättern, fünfblumigen weiblichen Kätzchen, eilanzettförmig glatten Kapseln, kurzem, fast vierspaltigem Griffel, weitkriechendem, holzigem, sehr ästigem Stamm, fingerlangen holzigen Zweigen; b) S. retusa, mit umgekehrt eiförmigen, ganzrandigen, stumpfen od. ausgerandeten glatten Blättern, ungefähr fußhoch, mit zähen, braunröthlich glänzenden, knotigen, wurzelnden Zweigen; c) S. reticulata L., 1/2 Fuß hoher Strauch, mit braunrother od. aschgrauer Rinde, weit auf den Boden hin verbreiteten, nackt ästigen Zweigen, kreisrund-elliptischen, unten aschgrauen, netzförmig geaderten Blättern; sämmtlich auf österreichischen u. baierischen Alpen. B) Alpenweide (Frigidae), sehr ästige, zwergartige, gekrümmte Sträucher, mit seitenständigen Kätzchen, fast ungestielten Fruchtknoten, zwei Staubfäden; dazu: a) S. Jacquini Host.; b) S. myrsinites L.; c) S. prunifolia Sm. u.m.a., auf Alpen; d) S. lanata L., mit glänzenden, goldgelbwolligen Kätzchen, im tiefen Norden. C) Sohlweiden (Capreae), ästige Sträucher, mit seitenständigen Kätzchen, gestielten Fruchtknoten, zwei Staubfäden. Sie zerfallen in: a) Silberweiden (Argenteae), kleine Sträucher mit kurzen Kätzchen, unten silberfarbig-seidenhaarigen Blättern; aa) S. ambigua (Bastardweide),[22] 2–3 Fuß hoch, mit runden, dunkelbraunen Zweigen, weißlich behaarten jüngern Trieben, abwechselnden, zolllangen, verkehrt-eiförmig-elliptischen, kaum gezähnten, unten runzlichen, filziggrauen Blättern, länglichen, weißbehaarten, zugespitzten Nebenblättern, walzenförmigen, vor den Blättern kommenden Kätzchen, langgestielten, filzigen, eiförmigen Fruchtknoten; bb) S. rosmarinifolia L. (rosmarinblättrige W.), 1–3 Fuß hoher, meistliegender Strauch, mit runden braunen, kahlen Ästen, geraden, linienlanzettförmigen, unten grauen Blättern, lanzettförmigen, geraden Nebenblättern, eiförmigen, filzigen, gestielten Ovarien, auf Torfboden, Haiden etc.; cc) S. repens (kriechende W., Mettenweide), mit weitkriechenden, schwärzlich-knotigen Wurzeln, zahlreichen verwickelten Asten, eirund-lanzettförmigen untern, eirundlänglichen obern, ganzrandigen, unten fast seidenhaarigen Blättern, spitzigen, lanzettförmigen Nebenblättern, eiförmigen, glatten Fruchtknoten, zahlreichen rundlichlänglichen Kätzchen; auf sandigem Moorgrund; zur Befestigung der Dämme zu benutzen; dd) S. myrtilloïdes L (Heidelbeereide), mit rundlich-eiförmigen Blättern, in Sümpfen der Voralpen. b) Glatte W-n, Sträucher mit längern Kätzchen, glatten, ungleichfarbigen Blättern, auf Alpen u. Voralpen; dazu: aa) S. arbuscula, u. bb) S. silesiaca u.a.m., sämmtlich mit vielen Varietäten. c) Runzelblättrige W-n, mit runzlichen, filzigen Blättern, an Flußufern, in Sümpfen; dazu: aa) S. aurita (Salbei-, kleine Werftweide), 2–3 F. hoch, mit braunen, oben weißbehaarten Zweigen, verkehrt eiförmigen, abgerundeten, mit einer kleinen zurückgebogenen Spitze versehenen, oben behaarten, unten grauen, runzlichen Blättern, nierenförmigen, fast ganzrandigen Nebenblättern, eirunden gestielten Kapseln; bb) S. caprea (Sohl-, Sahl-, Berg-, Hohl-, Werft-, Palmweide, Pfeifenholz), Baum od. Strauch, mit eirunden, runzligen, zurückgekrümmt spitzigen, unten graufilzigen, welliggekerbten Blättern, gestielten Kapseln, ziemlich großen, rundlich mond- od. halbherzförmigen Nebenblättern, am Stamme weißlicher Rinde, braunen, jung weißlich behaarten Zweigen. In Gebüschen, an trocknen u. feuchten Orten. Das jung weiße, im Alter bräunliche Holz gibt gutes Brennholz, läßt sich leicht in seine bandförmige Späne trennen, aus denen Tragkörbe, Schachteln etc. gefertigt werden, auch gibt es Kohle zu Schießpulver u. Zeichnenkohle; die Rinde dient zum Gerben seinen Leders, das Laub gibt getrocknet ein gutes Winterfutter für das Vieh cc) S. cinerea L. (Wasserweide), 8–10 Fuß hoch, mit elliptischen, od. umgekehrt eiförmiglänglichen, spitzen, wenig sägezähnigen, oben grünen, sein behaarten, unten grauen, rauhen Blättern, nierenförmigen gezähnten Nebenblättern, auf feuchten Orten. d) Flechtweiden (Viminales), ruthenförmige Sträucher, mit dünnen, verlängerten Kätzchen, fast ungestielten Kapseln, verschmälerten, am Grunde vorzüglich rückgerollten Blättern; dazu: aa) S. acuminata (Werft-, langgespitzte W.), 8–10 F. hoher Strauch, mit hellbraunen, jung weißbehaarten Zweigen, eirundlänglichen, schmalen, zugespitzten Blättern, spitzigen, nierenförmig-halbherzförmigen Nebenblättern, fadenförmigen ungetheilten Narben; auf feuchten Plätzen, an Bächen; bb) S. viminalis (Korb-, Band-, Fischer-, Krebsweide), 8._– 16 Fuß hoher Strauch, mit grüngelblichen langen, zähen, biegsamen, schnellwachsenden Zweigen, langen, schmalen, an beiden Enden zugespitzten, unten weißseidenhaarigen Blättern, lanzett-linienförmigen Nebenblättern, über die Haare der Kätzchenschuppen vorstehenden ungetheilten Narben; an Flüssen, Seen, bes. auf sandigem Boden, zur Fertigung von Körben u. allerhand Flechtwerk, so wie zur Befestigung der Ufer benutzt. e) Rothweiden (Purpureae), Sträucher mit zarten Ruthen, seitenständigen Kätzchen, mit brandspitzigen Schuppen, zwei, halb od. bis zur Spitze verwachsenen Staubfäden, purpurrothen, später schwarz werdenden Staubbeuteln, im Alter citrongelb werdender Rinde; dazu: aa) S. purpurea L. (Purpurweide, rothe Band-, Roth-, rothe Haarweide, rother Wilgenbaum, schußzähe W.), 3–4 Fuß hoch, mitzähen, meist purpurrothen, auch gelblichen od. bräunlichen Ruthen, eiförmigen, am obern Ende gezähnten, oben glatten, unten graugrünen Blättern, an Flußufern, in Sümpfen; zu Flechtwerk brauchbar. f) Mandelblattweide (Amygdalinae); dazu: aa) S. amygdalina (Mandel-, Pfirsich-, Hain-, Heger-, langblättrige Wasser-, Busch-, Pfahl-, Schäl-, Schlickweide), sparriger Busch od. 20–25 Fuß hoher Baum mit rundlicher Krone, durch die graugrünliche Rinde sich auszeichnend; Knospen groß, dunkel, glänzend; Blätter abwechselnd, groß, glänzend, lanzettförmig länglich; Nebenblätter halbherzförmig gekerbt; die jungen Reiser sind an den Gelenken sehr zerbrechlich, sonst aber zu Flechtwerk sehr gut zu gebrauchen; bb) S. undulata Ehrh., 10–18 Fuß hoch, mit gelblichbrauner, an den jungen Zweigen olivengrüner Rinde, dicht spiralförmig stehenden, am Rande gewellten Blättern, halbherzförmigen Nebenblättern. g) Brechweiden, Fragiles), meist Bäume, mit seitlichen gestielten Kätzchen, deren gleichfarbig gelbgrüne Schuppen vor der Fruchtreife abfallen, gestielten Kapseln; dazu: aa) S. alba (weiße Baum-, Bitter-, Kämp-, Gerber-, Kopfweide, Felber, Felbinger, Welge, Wilgenbaum, Wichelweide), die gemeinste von allen, wird sich selbst überlassen in 40 Jahren 60–80 F. hoch, 3–4 F. dick, hat zugespitzte, lanzettförmige, auf beiden Seiten seidenhaarige, mit seinen Sägezähnen versehene Blätter, lanzettförmige Nebenblätter. Gewöhnlich wird sie geköpft, alle 4–6 Jahre die langen biegsamen Äste abgehauen, welche als Reifstäbe benutzt werden. Mit der Rinde gerbt man das dänische Handschuhleder, die mit Alaun eingekochte Brühe derselben gibt eine braune Malerfarbe; aus den Kätzchen gewinnt man durch Destillation ein angenehm riechendes Wasser. Die Stämme werden kernfaul u. hohl, ohne deshalb einzugehen. Eine Varietät, S. vitellina (Gold-, Dotter-, gelbe Band- od. Haarweide, rothe Beelweide, Kieferweide), ist ein hoher schöner Baum, mit gelben, schlanken bogenförmig herabhängenden, langen Zweigen, welche zu Flechtwerk zu brauchen sind; das Holz ist zu Tischlerarbeiten tauglich, indem es sich glatt hobeln u. gut beizen u. lackiren läßt; bb) S. fragilis (Bruch-, Knack-, Knick-, Brech-, Bitter-, Fieber-, Glas-, Rost-, Spröde-, Spröckelweide), 40–50 Fuß hoch, Rinde braungrau, rissig, jung olivengrün, graulich; Blätter lanzettförmig zugespitzt, abwechselnd, oben dunkelgrün, glänzend,[23] unten mattgrün, drüsig gesägt; Nebenblätter stumpflich, halbherzförmig; die Zweige brechen sehr leicht in den Gelenken u. taugen nicht zum Flechten u. Binden; die Rinde (s. Weidenrinde) wird in der Medicin u. zum Gerben gebraucht, das Holz ist nutzbar; cc) S. pentandra (Lorbeer-, fünfmännige, Fieber-, Baumwollen-, glatte Sahl-, Schaf-, Schaft-, Strauch-, wohlriechende W.), ein gewöhnlich 4–9 Fuß hoch werdender Strauch, selten ein Baum, mit glänzenden, eiförmigen, an beiden Enden verschmälerten, dicht gekerbten, an den Kerbungen ein wohlriechendes Harz ausschwitzenden, gerieben wohlriechenden, oben glänzenden, sowie unten lebhaft grünen Blättern, länglich gezähnten Nebenblättern; die Rinde ist sehr kräftig, das Holz fest, zähe Die genannten u. m. a. sind sämmtlich in Deutschland heimisch u. gehören größtentheils zu den nützlichsten Bäumen. Außer zu Flechtwerk dienen die stärkeren Triebe u. Äste zu Faßreifen; in holzarmen Gegenden als Feuerholz; die Samenwolle, mit Baumwolle vermischt, zu Watte; das getrocknete Laub zu Winterfutter für die Schafe. Die Vermehrung der W. geschieht theils von selbst durch den weit fliegenden Samen u. die zahlreichen Ausläufer mancher Arten, theils durch Stecklinge, indem man entweder, um Weidengebüsche anzulegen, 2 Fuß lange Schnittlinge mit möglichster Schonung der Rinde, in die Erde steckt od., um Kopfweiden zu ziehen, vier- bis fünfjährige, 4–5 Ellen lange, scharf u. schräg abgehauene Äste mit dem starken Ende so lange ins Wasser legt, bis sie Wurzeln treiben, dann in, vorher mit dem Pfahleisen gemachte Löcher setzt u. die Erde fest andrückt. Von ausländischen W-n werden a) S. babylonica (Thränenweide), hoher schöner Baum, mit gelbbraunen, langen, schlanken, hängenden Zweigen, im Orient, u. b) S. annularis (Napoleonsweide), mit schrauben- od. lockenförmig gedrehten Blättern, angeblich auf St. Helena bei Napoleons Grabe stehend, als Zierbäume cultivirt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 22-24.
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