Sauerländer, Familie

[841] Sauerländer. Die Geschichte der Buchdrucker- und Buchhändlerfamilie Sauerländer läßt sich erst von der Mitte des 18. Jahrhunderts ab genauer verfolgen.

Johann Christoph Sauerländer, geboren am 31. 3. 1745 zu Erfurt als Sohn des dortigen Buchdruckers Elias Sauerländer, kam 1770 um die Erlaubnis ein, sich in Hanau etablieren zu dürfen. Er erhielt diese Erlaubnis, wurde auch alsbald zum Hof- und Lotteriebuchdrucker ernannt, blieb aber selbst in Frankfurt a. Main, woselbst er 1771 Bürger geworden war und mit der Tochter seines Prinzipals, des Buchdruckers Schepper, verehelicht hatte. Da er dauernd sich in Hanau nicht sehen ließ, wurde ihm 1776 bei Einrichtung der Hanauer Waisenhausbuchdruckerei Prädikat und Titel entzogen. Er lebte nun ganz seiner Frankfurter seit 1613 bestehenden und durch Caspar Rötel gegründeten Druckerei, die er zu bedeutender Blüte brachte. Sauerländer starb am 15. 11. 1805.

Sein Sohn Heinrich Remigius Sauerländer wurde am 13. 12. 1776 zu Frankfurt geboren. Er erhielt eine sehr sorgfältige Erziehung im Elternhause und wurde nach zurückgelegten Gymnasialstudien in des Vaters Buchdruckerei als Lehrling eingestellt. Er erlernte dann auch den Buchhandel und trat als Gehilfe bei Eßlinger in Frankfurt a. M. ein. Seine Stellung führte ihn auf seinen Reisen auch für längere Zeit nach Paris und zwar zu einer Zeit der politischen Sturmflut. Der von den Ideen seiner Zeit mächtig angeregte junge Mann wandte sich nach der Schweiz, die ihn durch ihr freieres politisches und gesellschaftliches Leben sehr anzog. Hier nahm er eine Gehilfenstellung bei Flick in Basel an. Schon 1802 wurde er Teilhaber der Flickschen Buchhandlung in Basel und gründete nun zur weiteren Ausdehnung des Geschäftes mit[841] seinem Kompagnon eine Filiale in Aarau, in deren Leitung sich beide abwechselnd teilten, bis 1805 eine Trennung dergestalt erfolgte, daß Flick das Stammgeschäft in Basel, Sauerländer die Filiale in Aarau übernahm. In diese Zeit fällt seine Geschäftsverbindung mit Heinrich Zschokke und des um seine Vaterstadt verdienten Vater Meyer, die beide als Mittelpunkt eines größeren Kreises von Gelehrten galten. Zschokke wohnte damals zurückgezogen vom Staatsdienste, worin er aus treuer Liebe für das Vaterland seiner Herzenswahl schon so manches geleistet hatte, auf dem Schlosse Biberstein. Er beabsichtigte mit Neujahr 1804 den »aufrichtigen und wohlerfahrenen Schweizerboten« herauszugeben; allein es fehlte ihm dazu ein Verleger in der Nähe. In diese Lücke trat nun sein Freund Sauerländer, mit dem ihn lebenslang aufrichtige Freundschaft verband. Großen und dauernden Erfolg hatten namentlich Zschokkes »Stunden der Andacht«.

1838 trat Sauerländer sein Sortiment und die Druckerei seinen beiden Söhnen Carl August und Friedrich Ferdinand Sauerländer ab, während er selbst den Verlag nebst neu eingerichteter Papierfabrikation noch bis zu seinem am 2. 6. 1847 erfolgten Tode fortführte.

Carl Sauerländer war am 10. 12. 1806 zu Aarau geboren und sollte sich nach dem Wunsche des Vaters einem wissenschaftlichen Berufe widmen. Mit 17 Jahren bereits bezog er die Universität Basel, kam von hier nach Genf, wo er viel mit Theodor Zschokke verkehrte, und 1825 nach Berlin, um auf der dortigen Universität weiter zu studieren. Er saß hier zu den Füßen eines Hegel, Böckh, Schleiermacher, Raumer, Ritter u. a., bis ihn ein Brief des Vaters nach der Heimat rief. Er mußte zunächst anstelle seines unlustigen älteren Bruders das Geschäft des Vaters übernehmen, bis er zusammen mit seinem jüngern Bruder die oben schon genannten beiden Abteilungen vollständig vom Stammgeschäft ablöste. Nach dem Tode des jüngeren Bruders nahm Carl Sauerländer seinen Freund Guido Zschokke als Gesellschafter auf. Am 27. 10. 1873 starb Carl Sauerländer, die Handlung übernahm damit gleichzeitig sein Sohn Remigius Sauerländer, welcher noch heute Besitzer der Verlagsbuchhandlung H. R. Sauerländer & Co. in Aarau ist. Die Sortimentsabteilung, Sauerländers Sortimentsbuchhandlung befindet sich seit 1900 im Besitze von Max Krauß und G. Brack.

Das Frankfurter Stammgeschäft war nach dem Tode des J. C. Sauerländer von seinem zweiten und dritten Sohn, den Gebrüdern Philipp Friedrich und Johann David Sauerländer (geboren 1789), übernommen und unter der Firma Gebrüder Sauerländer fortgeführt worden. Ihr Verlagskatalog[842] verzeichnet hauptsächlich Schriften von L. F. Huber (Possen und Lustspiele), daneben eine Anzahl Frankfurtensien. Nach der 1819 erfolgten Auflösung des Sozietätsverhältnisses führte J. D. Sauerländer die Firma unter eigenem Namen weiter. Der im Jahre 1850 erschienene Verlagskatalog des allmählich zu großer Ausdehnung herangewachsenen Geschäfts verzeichnet in 18 Abteilungen alle Literaturzweige. Der protestantischen und katholischen Theologie schließen sich mehrere israelitische Kultzeitschriften an. Die Rechtswissenschaft ist durch Bender, Jagemann, Schäffner u. a. und die Staatswissenschaft ist nicht minder umfangreich vertreten. Unter den naturwissenschaftlichen Verlagswerken ragen diejenigen von Geubel, Wildbrandt, Fresenius und Friedleben hervor. Sehr umfangreich ist auch die Rubrik Pädagogik und Schulbücher nebst einer Reihe Jugendschriften. Die Forst- und Jagdwissenschaft verzeichnet die seit 1832 erscheinende Forst- und Jagdzeitung, ferner Einzelschriften ihrer Herausgeber, des Forstmeisters Behlen u. a. Auf dem Gebiete der Schönen Literatur finden wir vor allem Fr. Rückerts und Clemens Brentanos Schriften, sodann die Namen Ludwig Pfau, Biedenfeld, Dalberg, Doring, Duller, C. Gutzkow, die seit 1846 erschienene (später an Julius Niedner in Wiesbaden, dann an Stephan Geibel in Altenburg übergegangene) Hornsche »Spinnstube«, ein echter und rechter, Volkskalender, der ungeheure Verbreitung fand, sowie desselben Autors prächtige Dorfgeschichten und gesammelte Erzählungen. Ferner A. Graf von Platen (in den Cottaschen Verlag in Stuttgart übergegangen); J. Schopenhauer (später Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig); Thümmel u. v. a. Sauerländer verlegte auch die Druckschriften der deutschen National-Versammlung 1848-49. In den Jahren 1837-50 veranstaltete Sauerländer in 258 Bändchen eine Uebersetzung der Werke J. F. Coopers, denen sich andere englische Autoren anschlossen.

1855 trat Heinrich Remigius Sauerländer in die Firma ein, deren alleiniger Besitz 1864 an ihn überging, während die Druckerei 1867 an Mahlau & Waldschmidt kam. Seit 1893 ist Robert Sauerländer Inhaber der angesehenen Verlagsbuchhandlung.

Quellen: Zschokke, Zur Erinnerung an Carl S., Aarau 1873, Koennecke; Hessisches Buchdruckerbuch, Marburg 1894; Süddeutsche Buchhändlerztg 1847, Verlagskataloge 1819, 1825, 1832, 1850, 1869, 1881.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 841-843.
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