Salbader

*1. Du bist ein Salbader.Eiselein, 536.

Der Ausdruck ist um das Jahr 1620 zu Jena aufgekommen und von den dortigen Studenten verbreitet worden. Zu dieser Zeit wohnte, wie Adrian Beyer, der 1618 zu Jena studirte, in seinem 1681 erschienenen Architectus Jenensis (S. 127) erzählt, daselbst in der an der Mühllache gelegenen Badstube der Bader Hans Kranich, welcher beim Schröpfen oder Aderlassen jedesmal das nämliche alberne, einen schalen Witz enthaltende Gerede wiederholte, sodass man von einem, der alberne Possen auf die Bahn brachte, sprichwörtlich sagte: Er ist ein Salbader. Das Wort entstand also, weil der Bader an (einem Arme) der Saale wohnte, die Bedeutung aber von dessen Einerlei im Reden bei Ausübung seines Berufs. Schuppius (1663, S. 855) gibt dies Einerlei mit andern Worten an, als Beyer, aber, wie Weigand (Wb., 3. Aufl., II, 534) bemerkt, nur vom Hörensagen und so gewiss nicht mit Sicherheit. Frisch (Wörterbuch) leitet die Redensart ebenfalls von einem Bader aus Jena her, ohne eine Quelle anzugeben, lässt ihn aber in seiner Barbierstube zu jedem, der zu ihm gekommen sei, vom Wetter reden. Er begibt sich daher auf das Gebiet der Vermuthung und meint, der Ausdruck könne auch wol von dem niederdeutschen Sölbroen: ein Gelagsbruder, der den Trunk liebt, herkommen, weil solche Menschen in der Trunkenheit allerlei schlechte Sachen reden. Bestimmter und mit Beyer übereinstimmend ist wieder die Angabe in Pegei apophthegmata, praef. 56; Curiositäten, VII, 187. »In einem Badehause zu Jena vor dem Saalthore an der Mühllache«, heisst es, »lebte der Bader Hans Kranich, der beim Bartscheren, Schröpfen und Aderlassen sehr redselig und schwatzhaft war. Weil er nun viel und alles durcheinander sprach (andere berichten, er habe stets nur von seinem Weinberge erzählt), so sagte man gleichnissweise von jemand, der sinnloses Geschwätz führte: Er spricht wie der Salbader, er salbadert.« (Vgl. Eiselein, 536.) Dergleichen Gerede wird auch bei Richard (393, 1) mit Salbaderei bezeichnet. In neuerer Zeit scheint jeder Erklärer eine besondere Herleitung versucht zu haben, um eine orginelle Erklärung hinzustellen. So findet Körte (5126) und Körte2 (6422) die Entstehung des Ausdrucks in den Freibädern, welche zum Heil der Seele des Stifters für Dürftige gegründet worden sind. »Wenn nun«, sagt er, »Arme zusammen solche Seelbäder nahmen, machten sie darin aus Langeweile viel schales Geschwätz.« Noch kühner ist folgende Herleitung. Im Daheim (1865, Nr. 32) und daraus im Sonntagsblatt (Berlin 1869, Nr. 88) heisst es: »Nicht salbadern, sondern salpetern ist das Wort zu schreiben; denn salus patriae ist seine Wurzel, und der Sinn nicht sehr verschieden von kannegiessern. Es war nämlich im vorigen Jahrhundert in den Reichsstädten, namentlich den schwäbischen, Gebrauch, keins der vielen Gastmahle, wozu Kindtaufen und Hochzeiten, theils öffentliche Angelegenheiten den willkommenen Anlass gaben, zu beschliessen, ohne dass zuletzt noch ein Trinkspruch auf die salus patriae, auf das Wohl des Vaterlandes ausgebracht worden wäre. Weil nun aber unsere Altvordern in der altdeutschen Kunst des Trinkens bei solchen Anlässen ganz Ausserordentliches leisteten, so kam es, dass der stehende Trinkspruch auf die salus patriae in der Regel sich nicht mehr durch bündige Kürze auszeichnete. Und da sagten denn die aufwartenden Dienstleute im Vorzimmer: ›Nun ist's bald zu Ende, sie salpetern schon.‹ Im Laute der Zeit ward aus p ein b.« Irgendeine Belegstelle ist für diese Auffassung nicht beigebracht. – J. Weber (Möncherei) weiss noch eine andere Entstehungsart; er sagt: »Der Beredsamkeit eines Kapuziners, der Spruch auf Spruch häufte und jedesmal gelehrt hinzusetzte: ›Dixit Salvator noster‹, verdanken wir das herrliche deutsche Wort ›salbadern‹.« Wurzbach (309) leitet diese Deutung von einem Landprediger her, der alle Augenblicke den Namen Salvator (Heiland) gebrauchte und dabei eine Menge Sprüche anführte. Seine Zuhörer pflegten dann zu sagen: »Heute hat er wieder recht gesalvatert.« Dr. Cholevius, welcher in dem mir zugegangenen Osterprogramm des Kneiphöfischen Stadtgymnasiums zu Königsberg (1873) Die Verkehrssprache in Sophien's Reise von Memel nach Sachsen behandelt und auch der Salbader gedenkt, sagt zur Erklärung nichts Neues. Mögen Sprachforscher von Beruf nun das Weitere darüber befinden; mir erscheint zur Zeit noch die Herleitung vom Salbader zu Jena als die naheliegendste und zuverlässigste: dass der Ausdruck salbadern vor 1620 vorkäme, ist bisjetzt nicht nachgewiesen.


*2. Einen zu den Salbadern logiren.

Zu den Schwätzern zählen. (Vgl. Grimmelshausen, Teutscher Michel.)

*3. Er ist ein Salbader.Schütze, IV, 1; Körte, 5124b; Harsdörffer, Schauplatz, V, 125, S. 90; Braun, I, 3664.

Ein Mensch, der vom Hundertsten ins Tausendste schwatzt und alles durcheinandermengt.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 1846.
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