Compass

Compass

[451] Compass oder Boussole heißt jenes für die Schiffahrt unschätzbare Instrument, durch welches man vermittels eines wagerecht um seinen Mittelpunkt frei beweglichen Magnets (s.d.), gewöhnlich Magnet- und Compaßnadel genannt, die Richtung nach N. und damit alle übrigen Weltgegenden jederzeit auffinden kann.

Die dazu verhelfende Eigenschaft der Magnetnadel, beständig nach N. zu weisen, war schon im 12. Jahrh. in Europa bekannt, scheint aber erst im 14. Jahrh. überhaupt oder doch allgemeiner [451] zum Nutzen der Schiffahrt angewendet worden zu sein, wobei sich vielleicht Flavio Gioja, nach Andern Giri aus Amalfi im Königreich Neapel, besondere Verdienste erwarben, daher sie gewöhnlich als Erfinder des Compasses angegeben werden, den auch die Chinesen schon kannten, als die ersten Europäer zu ihnen kamen. Anfänglich ließ man die auf ein Stückchen Kork befestigte Magnetnadel auf Wasser schwimmen, gegenwärtig aber läßt man sie an einem der Kraft und der Schwere derselben angemessenen Faden, wenn sie keiner Ortsveränderung unterworfen ist, außerdem aber auf einem wohlpolirten stählernen und spitzigen Stifte wagerecht schweben. Die vollkommen genau gearbeitete, gewöhnlich 1/10 Zoll breite, 1/24 Zoll dicke, an beiden Enden stumpf zugespitzte Magnetnadel von beliebiger Länge wird deshalb in der Mitte durchbohrt und über der erhaltenen Öffnung mit einem von unten nach oben trichterförmig ausgebohrten und sorgfältig auspolirten Hütchen, der möglichst zu vermeidenden Reibung wegen von Glockenmetall oder Achat, versehen, mit dem man sie auf die Spitze setzt. Bei für Seefahrer bestimmten sogenannten Seecompassen wird die Magnetnadel mit einer kreisrunden Scheibe von leichter Pappe oder Kartenpapier so verbunden, daß der Nordpol der Nadel mit dem Nordpunkte der auf dieser Scheibe befindlichen hier abgebildeten Windrose übereinstimmt, deren 32 Spitzen ebenso viele an dem meist in 360 Grad abgetheilten Rande angegebene Himmelsgegenden anzeigen. An der untern Fläche derselben werden noch kleine Flügel von Pappe angebracht, welche durch den Widerstand, den sie der Luft darbieten, die durch das Schwanken des Schiffes verursachten Störungen der Richtung der Magnetnadel möglichst vermindern. Diese befindet sich mit allem Zubehör in einem runden, oben mit Glas verschlossenen Gehäuse, an dem durchaus kein Eisen sein darf, weil dadurch die Magnetnadel von ihrer eigenthümlichen Richtung abgelenkt werden würde. Dies runde Gehäuse ruht mit zwei einander gegenüberstehenden Zapfen auf einem Ringe, der ebenso von den aufrechten, mit jenen Zapfen übers Kreuz stehenden Spitzen eines Halbkreises getragen wird, dieser aber ist auf einem Fußgestell befestigt, das zwar nicht von der Stelle gerückt, aber um seine Achse gedreht werden kann. Das Ganze befindet sich endlich in einem besondern Behältnisse, dem Compaßhäuschen, auf dem Hintertheile des Schiffes, genau so, daß der Mittelpunkt des Gehäuses über dem Kiele liegt und der Steuermann des Schiffes den Compaß stets beobachten kann; denn nur mit demselben vermag er jederzeit den Weg über den Ocean zu finden, daher die Alten, denen er unbekannt war und welche nur die nicht immer sichtbaren Gestirne zu Wegweisern hatten, sich nicht weit vom Gestade entfernen durften. Auf dem Lande dient der Compaß zum Aufnehmen von Gegenden, Messen von Entfernungen u.s.w., und die dazu eingerichteten heißen vorzugsweise Boussolen. Die Magnetnadel, jedoch ohne Windrose, befindet sich daran ebenfalls in einem Gehäuse, auf einer aus dem Mittelpunkte einer in Grade gehörig eingetheilten, kreisförmigen Messingscheibe sich erhebenden Stahlspitze schwebend. Um dieselbe als Mittelpunkt beweglich sind außerhalb des Gehäuses Dioptern (s.d.) angebracht und indem man durch diese nach irgend einer von der der Magnetnadel abweichenden Richtung visirt, läßt sich mittels des eingetheilten Kreises der Abstand derselben von jener und folglich jeder Winkel messen. Auch unterirdisch wird der Compaß beim Bergbau zur Bestimmung der Richtung gebraucht, in der man die Arbeiten fortführen will.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 451-452.
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