Krebs

[661] Krebs, Krebsschaden, nennt man eine bösartige, in Verschwärung übergegangene Verhärtung, welche eine entschiedene und beständige Neigung zeigt, alle Theile ohne Unterschied ihrer Beschaffenheit zu zerstören, sich selbst überlassen nie heilt und bis zu einer gewissen Ausbildung gelangt verschiedene allgemeine Krankheitserscheinungen herbeiführt. Der Krebs entwickelt sich entweder aus einer schon früher vorhandenen, unter der Benennung Scirrhus bekannten, bösartigen Verhärtung irgend eines Gebildes oder aus einer andern Geschwulst oder einem Geschwüre. In ersterm Falle entsteht eine Geschwulst in irgend einem Organ, die sich deutlich begrenzt, anfänglich völlig unschmerzhaft, nur selten besonders empfindlich, sogleich von ihrem Entstehen an aber sehr hart, ungleich, höckerig, schwer, an ihrer Oberfläche jedoch hier und da elastisch und stellenweise weicher ist. Dabei läßt sich an der äußern, sie bedeckenden Haut keine Veränderung wahrnehmen. Das Organ dagegen, in welchem sie entstanden ist, vergrößert sich entweder oder schrumpft auch wol, indem es fester wird, zusammen. Nach einiger Zeit beginnt die Geschwulst, sei es von freien Stücken oder nach irgend einer schädlichen Einwirkung, empfindlich zu werden, indem sich das Gefühl anhaltenden Brennens oder flüchtige, durchfahrende, äußerst schmerhafte Stiche einstellen; gleichzeitig wird sie immer härter, größer, knotiger und höckeriger, die sie bedeckende Haut färbt sich bläulichroth, wird gespannt und verwächst mit der Oberfläche derselben, während die Adern im Umkreise anschwellen. Inzwischen verdünnt sich die Haut immer mehr, bricht endlich auf und läßt eine jauchige, blutige oder bräunlichgefärbte Flüssigkeit ausfließen, ohne daß sich dadurch der Umfang der Geschwulst im Geringsten vermindert; es bildet sich ein Geschwür mit harten umgeworfenen Rändern und ungleicher Oberfläche, aus welchem äußerst schmerzhafte, schwammige Auswüchse hervorwuchern, die nahegelegenen Drüsen schwellen an und entarten ebenfalls, die Zerstörung breitet sich nach allen Richtungen hin immer weiter aus und ergreift die nahegelegenen Theile. Im Verlaufe der Krankheit treten häufig schwer zu stillende Blutungen ein, der Kranke magert ab, bekommt ein eigenthümliches, gelbliches Ansehen und im Gesicht einen besondern Ausdruck tiefen Leidens, endlich gesellt sich schleichendes Fieber mit erschöpfenden Nachtschweißen und Durchfällen hinzu, das nach namenlosen Leiden dem Leben des Kranken ein Ende macht. Unter besondern Umständen entwickelt sich der Krebs zuweilen auch aus venerischen, skrophulösen und andern Geschwüren oder auch, indem ursprünglich gutartige Auswüchse, Warzen, Polypen u.s.w., durch eine zu reizende Behandlung, zur krebsigen Entartung übergeführt werden. Die Gebilde, in denen der Krebs am häufigsten beobachtet wird, sind die Brustdrüsen, die Gebärmutter, die Hoden, die Lippen, die Zunge, die Augen u.s.w., während andere, wie z.B. die der willkürlichen Bewegung dienenden Muskeln, Knorpel, Sehnen fast immer von ihm verschont zu bleiben scheinen. Die Entwickelung des Krebses setzt immer eine gewisse Anlage voraus, die zuweilen ererbt zu sein scheint, ihrem Wesen [661] nach aber noch unerforscht ist. Das Vorhandensein einer solchen Anlage bedingt zugleich die so gewöhnliche Erfolglosigkeit ärztlicher Behandlung. Weiber scheinen im Allgemeinen dem Krebse mehr ausgesetzt als Männer, besonders zur Zeit, wo die Zeugungsfähigkeit erlischt, ferner, Personen von sehr reizbarem oder melancholischem Temperament, die eine sitzende Lebensweise geführt, viel Sorge und Kummer gehabt haben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 661-662.
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