Magdalena

[11] Magdalēna oder Maria von Magdala, einer Stadt am galiläischen See in Palästina, soll nach einer herkömmlichen Annahme der Name jenes sündigen aber reuevollen Weibes gewesen sein, welches, wie der Evangelist Lukas, 7, 36–50 erzählt, als Jesus bei dem Pharisäer Simon aß, ihm die Füße mit Thränen netzte, sie mit den Haaren ihres Hauptes trocknete, sie küßte und mit Salben salbte, wovon unter andern bei den Heiligthümern der Kirche Li Frali zu Venedig noch im vorigen Jahrhundert angeblich etwas verwahrt wurde. Jesus sicherte dem in der heiligen Schrift ungenannten Weibe, ihrer Reue und ihres Vertrauens wegen, die Vergebung ihrer Sünden zu und entließ sie mit den tröstlichen Worten: »Dein Glaube hat dir geholfen, gehe hin in Frieden.« Frommer Irrthum verwechselte später die bekehrte Sünderin mit jener Maria von Magdala (s. Maria), der dankbar treuen Anhängerin Jesu, und gestaltete aus den Lebensumständen Beider Geschichte und Bild jener büßenden Magdalena, welche aus einer Buhlerin eine Heilige wurde und die von der religiösen Poesie und den bildenden Künsten als ein glänzendes Beispiel der Reue und der Wiedererhebung gefallener Frauen gefeiert worden ist. Der Wunsch und die Hoffnung, einer ähnlichen Begnadigung theilhaftig zu werden, veranlaßte zugleich die Stiftung [11] eines geistlichen Ordens, in dem anfänglich blos gefallene Mädchen und Buhlerinnen aufgenommen wurden. In Deutschland bestand er schon zu Anfang des 13. Jahrh. und verbreitete sich bald darauf nach Italien, Frankreich, Spanien und sogar nach Indien; die Nonnen lebten nach der angeblich vom heiligen Augustinus herrührenden Regel, nannten sich Büßerinnen, Klosterfrauen von der Buße der Magdalena, Pönitentierinnen, in Frankreich Madelonetten, und theilten sich in mehre, durch den Grad der Strenge ihrer Lebensweise und auch durch eine graue, weiße oder schwarze Kleidung unterschiedene Congregationen. Ungeachtet der Orden nur gemeinschaftliche Andachtsübungen und keine andere gemeinnützige Pflicht vorschreibt, hat er sich doch bis jetzt erhalten; die in protestantischen Ländern, wie z.B. zu Lauban in der Oberlausitz, noch bestehenden Klöster desselben haben sich aber zur Krankenpflege verstehen müssen. – Unter dem Namen von Magdalenengesellschaft en bildeten sich seit 1758 in England und zuerst auf Betrieb des Doctors Dodd in London, nach ihrem Muster aber in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, wohlthätige Vereine, welche sich gefallener Mädchen annehmen, zu deren Aufnahme in London eine vortrefflich eingerichtete Anstalt, das Magdalenenhospital, besteht, und deren sittliche Besserung zu bewirken suchen.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 11-12.
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