Wiesbaden

Wiesbaden

[723] Wiesbaden, eine Stadt mit 9000 Einw. und schon den Römern bekannt gewesenen, berühmten heißen Schwefelquellen im Herzogthum Nassau, Residenz des nach seinem Vater Wilhelm Georg August Heinrich Belgicus (s.d.) im J. 1839 zur Regierung gelangten Herzogs Adolf Wilhelm, liegt eine St. von Mainz und vier M. von Frankfurt a. M. in einer durch hohe Waldgebirge gegen rauhe Winde geschützten und anmuthigen, fruchtbaren, an malerischen Punkten reichen Gegend.

Ausgezeichnete Gebäude des lebhaften, mit breiten Straßen versehenen, neuerlich gegen S. und O. ansehnlich erweiterten Ortes sind das zu Ende des 16. Jahrh. erbaute Schloß mit der herzogl. Bibliothek, das Rathhaus mit sehenswerthen Verzierungen in Holz, der 350 F. lange, 170 F. tiefe, glänzende, hier abgebildete neue Cursaal, in dessen Nähe das Theater und ringsum weit reichende Promenadenanlagen sich befinden. Die obersten Landesbehörden haben hier ihren Sitz, seinen Wohlstand aber verdankt W. dem überaus zahlreichen Besuche von Badegästen u.a. Fremden, welcher jährlich schon 20,000 überstieg und neuerlich nach Eröffnung der W. und Frankfurt a. M. verbindenden Taunuseisenbahn im Mai 1840, noch außerordentlich zugenommen hat. W. gehört aber auch in Hinsicht der Einrichtungen zur Aufnahme, Bequemlichkeit und Unterhaltung seiner Besucher zu den vornehmsten deutschen Badeorten, und selbst hohe Ansprüche werden dort nicht leicht etwas vermissen. Von den 14 heißen Quellen hat der Kochbrunnen eine Wärme von 56° R; zwei kalte Mineralbrunnen, der Faulbrunnen genannt, werden nicht benutzt. Die gewöhnliche Anwendung der Heilquelle W.'s geschieht in Form von Bädern, deren gegen 30 auf eine Cur gerechnet und hauptsächlich wider hartnäckige Gichtleiden, Lähmung, langwierige Hautausschläge, Geschwüre, skrophulöse Geschwülste verordnet werden. Innerlich werden sie gegen Unterleibsstockungen, Verschleimungen, Harn-, Stein- und Hämorrhoidalbeschwerden, Drüsengeschwülste und mehre andere Leiden gebraucht. Unter Zusatz von Seife wird aus dem gelbbraunen Niederschlage des Wassers die sogenannte Sinterseife bereitet, die zu Umschlägen bei hartnäckigen Ausschlägen, Lähmungen, Rheumatismen dient. Hazardspiele sind leider noch immer geduldet und 1840 die Verpachtung derselben auf acht Jahre erneuert worden. Überbleibsel eines röm. Castells, röm. Bäder und Grabmäler sind mehrfach aufgefunden worden und auch [723] Karl der Große besaß dort eine Pfalz; Kaiser Otto der Große verlieh W. 955 Stadtrecht. Trinkwasser wird nach W. aus einiger Entfernung durch eine Röhrfahrt geleitet, weil alle seine Brunnen salzig sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 723-724.
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