Wurmkrankheit

[758] Wurmkrankheit, Wurmsucht wird der durch Vorhandensein von Eingeweidewürmern im menschlichen und thierischen Körper herbeigeführte Krankheitszustand genannt, insbesondere aber die in der Regel mit Verschleimung und mancherlei Beschwerden verbundene Erzeugung von solchen Würmern im Darmkanale. Als Ursachen davon ist Alles anzusehen, was die Verdauung schwächt und Verschleimung begünstigt; denn in dem widernatürlich angehäuften und seiner Mischung nach fehlerhaften Darmschleime erzeugen sich auf noch nicht ergründete Art die Eingeweidewürmer und pflanzen sich dann fort. Daß sie oder ihre Eier von außen in den Körper gelangen sollten, wie man sonst annahm, ist schon darum nicht denkbar, weil sie gar nicht außerhalb des jeder Art zusagenden Körpers und auch da nur in den ihnen angewiesenen Eingeweiden vorkommen und leben können. Im Darmkanale des Menschen leben der Bandwurm (s.d.), der Peitschenwurm, welcher nicht im Leben ausgeleert und bei Leichenöffnungen im Blinddarme, auch wol im Deckdarme gefunden wird, die Spulwürmer und die Madenwürmer. (S. Würmer.) Diese Würmer gehen im Leben oft ganz, wie die Maden- und Spulwürmer, oder stückweise durch den After ab, wie der Bandwurm; auch kriechen Spulwürmer aus dem Munde hervor. Außerdem lassen eine Menge durch ihr Vorhandensein bedingte Beschwerden und Krankheitserscheinungen auf ihre Gegenwart schließen, ohne daß es jedoch mit Zuverlässigkeit möglich ist, da sie auch nur von Verdauungsstörungen und gereiztem Nervensysteme herrühren kann. Solche Anzeigen sind veränderlicher Puls und sehr wechselnde Temperatur der Haut, bleiche Gesichtsfarbe, blaue Ringe um die Augen, häufiges Jucken in der Nase, Zusammenlaufen von Wasser im Munde, übelriechender Athem, sehr ungleiche Eßlust, öfter und plötzlich eintretende Übelkeiten und Erbrechen, bald Verstopfung, bald Durchfall, flüchtige Leibschmerzen, aufgetriebener Leib, zuweilen Fieber und Nervenzufälle. Noch unsicherer ist es, aus dem Vorwalten der einen oder andern Art dieser Beschwerden die Anwesenheit einer bestimmten Art Würmer zu folgern. Im Allgemeinen ist die Wurmkrankheit mehr lästig als gefährlich, aber meist schwer und langsam zu heben. Spulwürmer gehen noch am leichtesten ab und entstehen weder schnell noch rasch von neuem, wie die zwar auch leicht abgehenden Madenwürmer, die sich zuweilen in Menge wieder erzeugen. Von beiden sind Kinder häufiger geplagt als Erwachsene, bei denen mehr der Bandwurm vorkommt. Der Arzt hat bei diesem Leiden nicht blos die Entfernung der Würmer aus dem Körper, sondern auch, die Beseitigung des ihrer Entstehung günstigen, krankhaften Zustandes des Darmkanals ins Auge zu fassen und ohne Beobachtung einer angemessenen Diät ist keine Heilung möglich. Vermeiden müssen Wurmkranke mehlige, schwerverdauliche Speisen, Kuchen, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, schweres Schwarzbrod, fettes Fleisch, Zuckersachen, auch Milch, Thee. Kaffee und der Art warme Getränke und sich mehr an frisches Gemüse und mürbes mageres Fleisch halten. Sehr dienlich ist ihnen häufiger Genuß von Meerrettig, Zwiebeln, Häring, Senf, zum Getränk Brunnenwasser oder ein gutes bitteres Bier, Erwachsenen mitunter ein Glas Rothwein. Außer dem Darmkanale werden nur selten in andern Theilen des menschlichen Körpers, z.B. in den Nieren, der Leber, der Gallen- und Harnblase, im Gehirn, im Zellgewebe unter der Haut wie der in heißen Gegenden von Afrika und Amerika häufige guineasche Nessel- oder Fadenwurm und im Herzen Würmer angetroffen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 758.
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