Walpurga, die Heilige

[378] Walpurga, die Heilige. Zu jenen Zeiten, wo das Christenthum in Unsern heimischen Gauen gleich der jungen Saat noch Wartung, Schutz und Pflege bedurfte, um es zu wahren vor den noch üppig wuchernden rauhen Pflanzen des Heidenthums, war es nichts Seltenes, daß Frauen, jeder Gefahr trotzend, mit edler Selbstverleugnung das Panier der Kirche erhoben, und wie Genien des Lichts, Licht verbreiteten in den düstern Hainen, wo der Alrunen blutige Altäre standen. Der fromme, dankbare Sinn unserer Altvordern hat mehreren solchen Glaubensheldinnen ein ewig dauerndes [378] Denkmal in den Herzen der Völker gesetzt, und sie unter die Heiligen erhoben. So auch Walpurga (Walburga, Walpurgis), eine Schwester des heil. Willibald, ersten Bischofs von Eichstädt und Schwestertochter des Apostels der Deutschen, des heil. Bonifacius. Geb. in England, verließ sie gleich ihren Anverwandten das Vaterland, und ging im Jahre 748 nach Deutschland, um hier das Christenthum zu verbreiten. Nachdem sie sich einige Zeit in dem Kloster Bischofsheim aufgehalten hatte, trat sie als Aebtissin in das von ihrem Bruder neugestiftete Kloster Heidenheim in Franken. Ihr frommes, demüthiges Leben, ihr rastloser Eifer zur Verbreitung der neuen Lehre erwarben ihr nach ihrem 780 erfolgten Tode die Heiligsprechung und die Verehrung als Wunderthäterin. Man weihte ihr Andenken an vielen Orten durch Erbauung von Kapellen, und ihre Gebeine, welche in einer Höhle bei dem Benedictinerkloster zu Eichstädt ruhen, sollen noch jetzt ein Oel ausschwitzen, das heilsam bei mancherlei Krankheiten wirkt. Auch ward sie als Beschützerin gegen Bezauberungen verehrt; ihr Tag im Kalender fällt auf den ersten Mai, und noch in vielen Gegenden beschwört man in der Nacht vom 1. zum 2. Mai Hexen und andere böse Geister durch den Beistand der heil. Walpurga, zündet Feuer auf den Bergen an, läuft mit brennenden Strohwischen und schreckt die Hexen durch Schießen etc.

B.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 378-379.
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