Adriatisches Meer

[122] Adriatisches Meer (Adria, s. Karte »Mittelmeerländer«), im Altertum Mare Hadriaticum (auch Mare Superum), der die apenninische von der Balkanhalbinsel scheidende Teil des Mittelmeeres, in dem dasselbe sich dem Herzen von Mitteleuropa am meisten nähert, so daß von diesem eine natürliche Straße nach dem Orient geschaffen ist. Die nur 72 km breite Meerenge von Otranto verbindet das Adriatische mit dem Ionischen Meer. Die Tiefe ist verhältnismäßig gering; sie beträgt im S. 1000 m und erreicht zwischen Brindisi und Cattaro das Maximum von 1590 m, verringert sich aber gegen N. bald auf 200, weiterhin auf 50 m. Das nördliche Ende bilden die Golfe von Venedig und von Triest, welch letzterer durch die Halbinsel Istrien von dem Quarnero oder Golf von Fiume getrennt wird. Die Westseite des Adriatischen Meeres ist einförmig und arm an Buchten, im NW. sumpfige oder von Lagunen begleitete Flachküste. Die Ostküste dagegen ist zerrissen, felsig, steil und umsäumt mit einer dichten Kette von zahllosen größern und kleinern langgestreckten Felseninseln und Rissen. Bedeutendere Flüsse, die in das Adriatische Meer münden, sind nur der Po und die Etsch, die gleich den andern von den Alpen kommenden Gewässern fortwährend Land an der Küste ansetzen. Die übrigen aus Italien kommenden Flüsse sind kaum mehr als Küstenflüsse, ebenso die wenigen Zuflüsse von der östlichen Halbinsel: Narenta, Drin und Viosa. Als ein Teil des Mittelmeeres besitzt auch die Adria den sehr hohen Salzgehalt desselben. Der Grund des Meeres ist in der Nähe der Pomündung Schlamm, an der istrischen und dalmatischen Küste Sand, Kalk und Ton, mit zahlreichen Muscheln bedeckt. Die hauptsächlichste, aber stets schwache Strömung geht an der dalmatischen Küste von SO. nach NW. und kehrt längs der italienischen Küste zurück. Ebbe und Flut sind schwach wie im Mittelmeer; die Flut erreicht nur eine Höhe zwischen 0,3 und 1,8 m. Von den Winden ist der bekannteste die Bora (s. d.). Gefährlich für die Schiffahrt ist auch der Schirokko. Die Fischerei ist namentlich auf Thunfische, Sardellen, Makrelen, Meeraale bedeutend. Berühmt sind die Austern von Venedig; auch Haie, Delphine und Seehunde finden sich zuweilen ein. In Rovigno ist eine biologische Station. Pola ist Hauptkriegshafen der k. u. k. Marine. Der wichtigste Seehafen ist Triest; Venedig hat sich seit Eröffnung der Brennerbahn wieder gehoben. Ungarn tut viel zur Hebung von Fiume. Ausgangspunkt für den Post- und Passagierverkehr nach Ostasien ist Brindisi. Einen Kriegshafen ersten Ranges besitzt Österreich an der Südwestküste von Istrien in Pola, kleinere in Spalato und Cattaro, Italien in Venedig und Ancona. Den Postdampferverkehr zwischen den Häfen der Adria vermitteln viele Linien des Österreichischen Lloyd, der ungarischen Adrialinie, der Navigazione Generale Italiana und der Puglialinie. Deutsche Dampfer der Levantelinie und der Slomanlinie besuchen die Haupthäfen gelegentlich. Vgl. Wolf und Luksch, Physische Untersuchungen im Adriatischen und Sizilisch-Ionischen Meer (Wien 1881); Schweiger-Lerchenfeld, Die Adria (das. 1883); Krisch, Die Fischerei im Adriatischen Meer (Pola 1899). Karten: »Generalkarte in 4 Blättern nach den Aufnahmen der österreichisch-ungarischen und der italienischen Kriegsmarine«, 1: 350,000 (zuletzt 1895, Triest) u. »Küstenkarte vom hydrographischen Amt der k. u. k. österreichischen Kriegsmarine« (1890 ff, 6 Bl., 1: 180,000).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 122.
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