Derbent

[652] Derbent (Derbend, arab. Bab el abwab, »Haupttor«, oder Bab el kadid, »eisernes Tor«), Hauptstadt der gleichnamigen Stadthauptmannschaft (283 qkm mit 18,000 Einw.) im russisch-kaukas. Gebiet Daghestan an der Westküste des Kaspischen Meeres, mit (1897) 14,821 Einw. Die Stadt dehnt sich längs eines mit Wein- und Obstgärten, Mais- und Krappfeldern bedeckten hohen Berges aus, an dessen Wänden die Häuser oft wie Schwalbennester kleben. Die mit einer hohen, starken Mauer umgebene Stadt besteht aus der Festung, die mit dem stattlichen Chanschloß, wo jetzt der Gouverneur von Daghestan wohnt, den obern Teil bildet, aus dem mittlern Stadtteil, mit etwa 1000 Wohnhäusern, und aus dem untern Stadtteil mit zahlreichen Fischerhütten, Gasthäusern für die Schiffer, Zollhaus, Schiffswerft und ausgedehnten Viehweiden. D. hat eine orthodoxe und eine armenisch-gregorianische Kirche, eine sunnitische und 16 schiitische Moscheen, 3 Synagogen, 21 Schulen, berühmte öffentliche Bäder, 3 Basare mit prächtigen Schals, Teppichen, Seiden- und Baumwollenstoffen sowie Spezereien, einen bedeckten Kanal, der vom Gebirge her der Stadt gutes Trinkwasser zuführt, und einen Leuchtturm auf der ungeschützten Reede. Die Einwohner treiben vorzüglich Landwirtschaft, Töpferei, Verfertigung von Waffen, Seiden- und Baumwollenstoffen, Handel auf vier sehr lebhaft besuchten Jahrmärkten sowie Schiffahrt. Merkwürdig ist der Begräbnisplatz an der Nordseite der Stadt, mit vielen alten Denksteinen mit kufischen Inschriften, sowie einem Mausoleum, worin die Kirk-Bar oder 40 Helden bestattet liegen, die bei der Eroberung Daghestans durch die Araber vor den Toren von D. fielen. In der Nähe von D. beginnt bei dem Eisernes Tor genannten Küstenpaß die berühmte Kaukasische Mauer (s.d.). – D., im Mittelalter Bab el-abwab oder Porta portarum, war Jahrhunderte hindurch der glänzende Sitz eines eignen Chans, dem meist auch die Chanate von Kuba und Baku sowie die von Kürja[652] und Kasikumuch zinsbar waren, und der gewöhnlich selbst wieder in Abhängigkeit von Persien stand. Wie die Stadt im Altertum hieß, ist unbekannt. Der Name D. kommt erst seit Chusrau Anushirwan (531–578) vor, der das Chanat D. stiftete und die Stadt zur Residenz des Chans machte. Um 1220 wurde D. von den Mongolen erstürmt. Später bemächtigten sich die Türken unter Mustafa I. des untersten Stadtteils; doch wurden sie von Emir Hamse wieder vertrieben. 1722 entrissen die Russen D. den Persern; Peter d. Gr. ließ sich bei einem Triumphzug in Moskau die silbernen Schlüssel der eisernen Tore von D. vortragen. Im Frieden von 1723 behielten die Russen D., gaben es dann 1736 an Persien zurück, eroberten es aber 1796 unter Subow von neueni, worauf es 1813 durch den Vertrag von Gulistan endgültig mit Russisch-Kaukasien vereinigt wurde.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 652-653.
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