Exzellenz

[232] Exzellenz (lat. excellentia, »Vortrefflichkeit, Herrlichkeit«), Titel, den zuerst die langobardischen und fränkischen Könige, dann die deutschen Kaiser bis auf Heinrich VII. sowie die erwählten römischen und andern Könige, sodann die kaiserlichen und königlichen Statthalter und endlich die Herzoge und Reichsgrafen führten. Über diesen Titel bestanden in den spätern Zeiten des heiligen römischen Reiches unter den kurfürstlichen und fürstlichen Gesandten ein langwieriger Etikettestreit, schließlich nahmen alle Gesandten den Titel E. an. In Italien, wo ihn früher ausschließlich die Fürsten führten, die ihn, als die Kardinäle den Titel Eminenz (s.d.) erhielten, mit Altezza vertauschten, ist Eccellentissimo noch jetzt ein den Doktoren allgemein zugestandenes Prädikat, während Eccellenza in Genua und Venedig ehemals die übliche Anrede des Adels war und sich als solche auch im übrigen Italien eingebürgert hat; doch ist man in Italien mit der schriftlichen Anrede »Eccellentissimo Signore« sowie der mündlichen »Eccellenza« höchst freigebig, und namentlich in Süditalien wird jeder Fremde E. genannt. In Frankreich gab man seit 1654 den höchsten Zivil- und Militärbeamten den Titel E., und diesem Beispiel folgte man bald in Deutschland, wo im 18. Jahrh. auch akademische Lehrer (Schulexzellenzen) jene Auszeichnung in Anspruch nahmen. In Spanien ist Excelencia der Titel der Granden und derer, die ihr Haupt vor dem König bedecken; doch wurde derselbe auch hohen Beamten, Vizekönigen, Ministern, Generalkapitänen, Generalleutnants, Gesandten und den Rittern vom Goldenen Vlies verwilligt. In England steht das Prädikat Excellency dem Statthalter der Kolonien, dem Lord-Lieutenant von Irland und den Botschaftern und Gesandten an fremden Höfen zu. Den Titel E. führen auch der Präsident der französischen Republik und jener der Vereinigten Staaten von Amerika. In Österreich ist der Titel E. an sich lediglich mit der Geheimratswürde verbunden, weshalb dieselbe auch hohen Militärs verliehen wird. Jedoch ist es nach und nach Sitte geworden, die höchsten Militärchargen, vom Feldmarschalleutnant aufwärts bis zum Feldzeugmeister einschließlich, E. zu nennen. Die Minister als solche führen im Amte den Titel E., auch wenn sie nicht die Geheimratswürde besitzen. In Deutschland führen den Titel E. der Reichskanzler, die Staatssekretäre der obersten Reichsämter, die Minister und die Oberpräsidenten in Preußen, die Generalfeldmarschälle, Generale und meist auch die Generalleutnants, die obersten (nicht obern) Hofchargen, wie z. B. Obersthofmeister etc., und von den obern Hofchargen in der Regel nur der Oberhofmarschall und die Oberkammerherren. In einzelnen Fällen wird Inhabern von Chargen, mit denen an sich der Titel E. nicht verbunden ist, das Recht zu dessen Führung ausdrücklich verliehen, wie z. B. in Preußen gewissen Wirklichen Geheimen Räten, einzelnen Staatsräten und Regierungspräsidenten in Bayern. Im diplomatischen Dienst ist nur der Botschafter (ambassadeur) von Amts wegen E.; doch werden außerordentliche Gesandte oft im Verkehr E. genannt, ohne es zu sein. Sehr weit ausgedehnt ist der Titel E. in Rußland: Offiziere führen ihn schon vom Generalmajor, Staatsbeamte vom Wirklichen Staatsrat an. Für die Minister, Feldmarschälle etc. gibt es noch einen besondern Titel: die sogen. hohe E. Die Abkürzung Ew. E. in Anreden ist gegenwärtig nicht mehr üblich, man schreibt vielmehr Eure E. Vgl. Titel.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 232.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika