Farīni

[333] Farīni, 1) Luigi Carlo, ital. Staatsmann, geb. 22. Okt. 1812 zu Russi in der Romagna, gest. 1. Aug. 1866, studierte zu Bologna Medizin und war Arzt in verschiedenen Orten der Romagna, mußte aber wegen seiner Teilnahme an der politischen Bewegung 1841 sein Vaterland verlassen. 1846 kehrte er nach der von Pius IX. verkündeten Amnestie zurück und übernahm die Verwaltung des Krankenhauses zu Osimo. Als der Papst seine liberalen Reformen begann, ward F. 1847 Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern, sodann Abgeordneter für die Stadt Faenza und unter dem Ministerium De Rossi Inspektor des Sanitätswesens. Nach De Rossis Ermordung legte F. seine Stelle nie der und ging nach Toskana. Nach der Einnahme Roms durch die Franzosen zurückgekehrt, mußte er auf Betrieb der reaktionären Partei, die jetzt am Ruder war, abermals das Vaterland verlassen; er begab sich nach Turin, wo er das satirische Blatt »La Frusta« herausgab und die »Storia dello stato romano dall' anno 1814 al 1850« (2. Aufl., Flor. 1850, 4 Bde.) veröffentlichte. Ihr folgte als Fortsetzung des Bottaschen Werkes die »Storia d'ltalia dall' anno 1814 al 1850« (Mail., 2 Bde.). Infolge seiner publizistischen Tätigkeit wurde F. 1850 zum sardinischen Minister des Unterrichts und, nachdem er nach neun Monaten sein Portefeuille niedergelegt hatte, zum Mitgliede der obersten Sanitätsbehörde ernannt. Als Abgeordneter vertrat er in der Kammer die Politik des Grafen Cavour und gründete in demselben Sinne das politische Journal »Il Piemonte«. Zu Anfang des Krieges von 1859 als sardinischer Bevollmächtigter nach der Emilia gesandt, ward er zum Diktator ausgerufen, bewerkstelligte mit Hilfe der gemäßigten Elemente im März 1860 die Einverleibung dieser Gebiete sowie der Romagna in das Königreich Italien, erhielt hierauf im Ministerium Cavour (21. Juli 1860) das Portefeuille des Innern und fungierte vom Oktober 1860 bis zum Januar 1861 als Statthalter von Neapel. Nach dem Rücktritt Rattazzis im Dezember 1862 übernahm F. die Bildung eines neuen Kabinetts, das die Politik Cavours fortsetzte. Doch verfiel er schon im März 1863 in eine bedenkliche Nervenaufregung, die bald danach in unheilbaren Wahnsinn überging. Das Parlament votierte ihm bei seinem Ausscheiden eine Nationalbelohnung von 200,000 und eine jährliche Pension von 25,000 Lire. Zu Ravenna setzte man ihm 1878 ein Denkmal. Vgl. Aufsätze von Finali und Rava in der »Nuova Antologia«, 1. Juni und 1. Sept. 1903.

2) Domenico, ital. Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 2. Juli 1834, gest. 18. Jan. 1900, folgte seinem Vater 1850 in die Verbannung nach Turin, trat hier in die Militärschule, diente von 1854–66, zuletzt als Hauptmann, in der sardinischen und italienischen Armee und gehörte seit 1864 der Deputiertenkammer an, in der er wiederholt zum Präsidenten erwählt wurde. 1884 legte er das Präsidium nieder und wurde im Juni 1886 zum Mitgliede des Senats ernannt, dem er von November 1887 bis November 1898 präsidierte.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 333.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika