Mine [2]

[860] Mine (franz., mittellat. mina, soviel wie unterirdischer Gang), im Militärwesen eine in Erde, Mauerwerk, Felsen oder unter Wasser angebrachte Sprengladung (Minenherd, Foyer), deren Explosion zerstörend auf die Umgebung wirken soll. Bei Landminen ist meist die Anbringung von Minengängen (Stollen, Schächten) zur Kammer, d. h. dem Ladungsraum, notwendig. Minengänge in nicht durchaus standfähigem Boden bedürfen der Verkleidung mit Holz, bei Daueranlagen der Ausmauerung. Brücken, Tunnels und andre wichtige Bauwerke, die im Falle des Eindringens des Feindes in das Land dessen Benutzung entzogen werden sollen, erhalten grundsätzlich schon bei der Bauausführung Minenkammern.

Die geladene und mit der Zündleitung versehene M. wird verdämmt, d. h. die Minenkammer und der Zugang zu ihr ganz oder teilweise mit Steinen, Rasen, Lehm, Holz oder Erde ausgefüllt oder unter Umständen zugemauert; frei liegende Ladungen werden durch Vorpacken oder Auflegen von Erde, Sandsäcken u. dgl. fest an den zu sprengenden Gegenstand gedrückt. Durch die Verdämmung soll das Ausblasen der M., d. h. ihre Wirkung in einer andern als der beabsichtigten Richtung, verhindert werden. Der Wirkungsbereich der eingeschlossenen Sprengladung hat annähernd die Gestalt einer Kugel; die kürzeste Widerstandslinie ist der Abstand der Ladung vom nächsten Hohlraum, bez. von der Erdoberfläche; erstreckt sich bei einer Erdmine die Wirkung bis an die Außenfläche, so spricht man von einer Trichtermine, andernfalls von einer Quetschmine. Wichtig sind der Trichterradius und der Explosionsradius, Explosionslinie (Entfernung des Mittelpunktes der Ladung von jedem Punkt des Trichterrandes), und man nennt gewöhnliche Minen solche, bei denen der Trichterradius gleich der kürzesten Widerstandslinie ist und zwei einander gegenüberliegende Explosionsradien einen rechten Winkel bilden, überladene Minen oder Druckkugeln solche, bei denen der Trichterradius größer als die kürzeste Widerstandslinie ist, jene zwei Explosionsradien einen stumpfen Winkel bilden, und schwachgeladene Minen solche, wo der Trichterradius kleiner als die kürzeste Widerstandslinie ist, jene zwei Explosions radien einen spitzen Winkel bilden. – Schon die Alten wandten bei Belagerungen unterirdische Gänge an, um durch Untergraben etc. die Umfassungsmauern zum Einstürzen zu bringen (Römer bei Fidenä, 426 v. Chr.; Veji 396 u. a.). Pulverminen wurden bereits gegen Ende des 15. Jahrh. angewendet; ausgiebigen Gebrauch machten von ihnen die Türken beim Angriff wie bei der Verteidigung belagerter Städte (Kandia 1667, Wien 1683). Vauban, der Schöpfer des methodischen Festungsangriffs, der nahezu zwei Jahrhunderte hindurch in Geltung blieb, veranlaßte 1679 die Ausstellung einer Mineurkompanie, mit der er eingehende Versuche ausführte, deren Ergebnisse die Grundlagen gaben für sein Traité des mines. – Die Anwendung der Minen glaubte man bis vor kurzem auf den Festungskrieg beschränken und ihr auch hier infolge der Steigerung der Geschoßwirkung nicht zuviel Bedeutung beimessen zu sollen, doch zeigt die ausgedehnte Verwendung von Minen im Kampf um Port Arthur, wie auch, wenigstens als Fladderminen, vor befestigten Feststellungen (Liaujang) im russisch japanischen Kriege das Irrige dieser Auffassung, was sicher in den nächsten Jahren zu einer höhern Bewertung des Mineurdienstes in den meisten Armeen führen wird. Im Festungskrieg legt der Verteidiger Minen, namentlich vor den vorspringenden Teilen der Front an, um gegen die Maßnahmen des Angreifers im nähern Vorgelände (Erkundungen, Beseitigung der Hindernisse, Vorgehen der Sturmtruppen) zu wirken. Die Ladungen werden entweder in vorhandenen, nach Bedarf ergänzten Verteidigungsminengängen oder Galerien (Minensystem) angebracht. aus denen man mittels besonderer Horchgänge (Ekouten) die Arbeiten des Gegners belauscht und mit Gegenminen (Konterminen) den Minen des Feindes entgegengeht, oder als Fladderminen (Flatterminen, einfache Pulverladungen, franz. Fougade oder Fugasse, auch mit Steinen gefüllt, als Steinminen), meist gruppenweise, im Vorfelde der Werke eingegraben.

Beispiel einer Tretmine. a Sprengkapsel mit eingesetztem Nagel. – b Ladung.
Beispiel einer Tretmine. a Sprengkapsel mit eingesetztem Nagel. – b Ladung.

Die Zündung erfolgt elektrisch von gesicherten Beobachtungsständen aus oder selbsttätig (Tretminen, die vermittelst nahe über dem Boden angebrachter Leitungsdrähte oder durch[860] den beim Überschreiten entstandenen Druck zur Entzündung gebracht werden, s. Abbildung). Über Seeminen, s. d. Vgl. »Pionier-Taschenbuch« (7. Aufl., Berl. 1900); Müller, Geschichte des Festungskriegs (2. Aufl., das. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 860-861.
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