Rachel, Elisa

[541] Rachel, Elisa (spr. -schell), genannt Félix, franz. Schauspielerin, geb. 28. Febr. 1820 zu Mumpf im Kanton Aargau, gest. 3. Jan. 1858 in Cannet bei Cannes, Tochter eines elsässischen israelitischen Hausierers, ernährte sich seit 1830 mit ihrer Schwester Sarah durch Singen in den Pariser Kaffeehäusern, kam sodann ins Konservatorium, wo sie erst musikalische Studien trieb, ging aber bald zum Schauspiel über und hatte hier Saint-Aulaire und Samson zu Lehrern in der Deklamation. 1837–38 am Gymnase beschäftigt, trat sie im Sommer 1838 am Théâtre-Français als Camilla in den »Horatiern« auf, und bald erkannte die gesamte Pariser Kritik sie als diejenige an, die mit den scharfen Akzenten und brennenden Farben ihres leidenschaftlichen und doch so streng gezügelten Vortrags den Geist der alten Tragödie Frankreichs ins Leben zurückzurufen bestimmt sei. Ohne gerade schön zu sein, besaß sie zweierlei Vorzüge: ein dunkel strahlendes, geistbeseeltes Auge und eine gewaltige, volltönende, durchdringende Altstimme. Dazu kamen eine vollendete Mimik und ein Gebärdenspiel, das stets die ruhige Schönheit der Antike bewahrte, vor allem aber eine fast beispiellose Technik in der Darstellung der finstern und erhabenen Leidenschaften entfaltete. Durch diese Eigenschaften steht die R. auf dem Felde der altklassischen Tragödie Frankreichs (Racine, Corneille) unerreicht da. 1840 gastierte sie in England; 1855 verließ sie die Comédie-Française, der sie bis dahin angehört hatte, und ging nach Amerika, ohne so großen Beifall zu finden, wie sie gehofft. Sie war unvermählt geblieben, hinterließ jedoch zwei Söhne, deren älterer vom Grafen Morny anerkannt und von Napoleon III. in den Adelstand erhoben wurde. Vgl. Janin, R. et la tragédie (Par. 1858); d'Heylli, R. d'après sa correspondance (das. 1882); Sir Th. Martin in den »Monographs« (Lond. 1906). – Außer ihrer ältern Schwester, Sarah (gest. 1877), haben auch die übrigen Geschwister, Lia, Rebekka (gest. 1854) und Dinah, sowie ihr Bruder Raphael Félix, später Direktor des Théâtre Porte St.-Martin, der Bühne mit Erfolg angehört.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 541.
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