Rat

[613] Rat, die Anleitung, die man jemand gibt, damit er danach sein Benehmen in irgendeiner Sache einrichte. Für einen gegebenen R. ist man nur dann verantwortlich, wenn man sich dabei einer unerlaubten Handlung schuldig macht, oder wenn der R. auf Grund eines Vertragsverhältnisses (Arzt, Anwalt, Auskunftsbureau etc.) erfolgt, bez. wenn man ausdrücklich für die Folgen des Rates die Haftung übernimmt. Nach österreichischem Rechte haftet der Ratgeber für unentgeltlichen R., wenn er wissentlich schlecht war, für entgeltlich erteilten R. dagegen auch bei leichter Fahrlässigkeit (österreichisches Bürgerliches Gesetzbuch, § 1301 u. 1304). – Im Staatswesen und im öffentlichen Leben überhaupt ist R. ein Kollegium, das, an der Spitze einer kleinern oder größern Korporation oder des Staates selbst (Ministerrat) stehend, die Geschäfte derselben beratet und leitet. So hatte man in Frankreich zur Zeit der ersten Revolution den R. der Fünfhundert und den der Alten. Meist versteht man aber jetzt unter R. (Stadt-, Gemeinderat) das Kollegium der städtischen Verwaltungsbehörde (Magistrat). – Der Titel R. (consiliarius) bezeichnet einen Beamten höhern Ranges, besonders das stimmberechtigte Mitglied eines Kollegiums (Regierungsrat, Reichsgerichts-, Landgerichtsrat etc.). Der Zusatz »Geheimer« drückt eine höhere Rangstufe aus, während das Prädikat »Ober« diese noch steigert, die Hinzufügung des »Wirklich« (z. B. Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat) aber die höchste Rangstufe in dieser Beziehung ausdrückt. Mit dem Prädikat »Wirklicher Geheimer Rat« ist in Preußen der Titel »Exzellenz« verbunden. Auch wird der Ratstitel (z. B. Kommerzienrat, Kommerzialrat, Kommissionsrat, Hofrat, Sanitätsrat, Justizrat, Kirchenrat, Finanzrat, Ökonomierat etc.) vielfach als Ehrentitel verliehen. Subalterne Beamte erhalten nach längerer Dienstzeit den Titel Rechnungsrat, Kanzleirat und später noch den Zusatz »Geheimer«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 613.
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