Rektor

[780] Rektor (lat., »Leiter, Regierer«), im römischen Reich seit Konstantins d. Gr. Zeit Titel der den Präfekten oder Exarchen untergeordneten Statthalter in den einzelnen Provinzen; im Mittelalter das auf Zeit erkorene Haupt der Universitäten, ursprünglich der universitas scolarium, d. h. der Gesamtheit oder Körperschaft der Studenten; seit der Zeit des Humanismus gebräuchlicher Titel der ersten Lehrer und Leiter an mehrklassigen Schulen. An höhern Lehranstalten ist dafür in einem großen Teile Deutschlands späterhin der nur neulateinische Name Direktor üblich geworden. Einzelne Anstalten jedoch von älterer geschichtlicher Tradition (Pforta) sowie einzelne Staaten (Bayern, Sachsen, Württemberg) haben die Bezeichnung des Leiters als R. festgehalten. An Universitäten und sonstigen Akademien heißt R. der von den ordentlichen Lehrern (Professoren) aus ihrer Mitte erwählte und von der Landesregierung bestätigte Vorsteher, der das Prädikat Magnificus (Magnifizenz) führt. Ist der Landesherr selbst oder ein Prinz des Herrscherhauses R. (Rector magnificentissimus), dann pflegt statt seiner ein Prorektor (s. d.) mit dem Range des Rektors zu amtieren. Die Rektoren der Universitäten hatten zur Zeit des alten, römisch-deutschen Reiches meist den Rang kaiserlicher Pfalzgrafen (s. Pfalzgraf) nebst den entsprechenden Berechtigungen. Die Würde pflegt jährlich zu wechseln und zwar so, daß die einzelnen Fakultäten einander ablösen. In Preußen bekleiden die Rektoren der Universitäten den Rang der Räte 2. Klasse (Obersten, Regierungs-, Oberlandesgerichtspräsidenten etc.). Der Vorsteher eines Jesuitenkollegiums führt ebenfalls den Titel eines Rektors. Auch die leitenden Geistlichen, besonders in größern Parochien, an Kollegialkirchen etc., führten im Mittelalter öfter den Titel R.; so noch heute im katholischen Klerus der polnischen Kirchenprovinzen und in der englischen Staatskirche, wo die Rektoren selbständig einer Gemeinde vorstehen und die eigentliche Pfründe genießen, für die praktische Seelsorge jedoch zumeist Hilfsgeistliche (Curates und Vicars) unter sich haben; Amt, Amtsbezirk und Amtssitz eines Rektors heißen davon Rectory.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 780.
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