Schleiden [2]

[838] Schleiden, 1) Matthias Jakob, Botaniker, geb. 5. April 1804 in Hamburg, gest. 23. Juni 1881 in Frankfurt a. M., studierte in Heidelberg die Rechte, praktizierte als Advokat in Hamburg, studierte dann seit 1833 in Göttingen und Berlin Naturwissenschaft, wurde 1839 Professor der Botanik in Jena, 1863 Professor der Botanik und Anthropologie in Dorpat. Seit 1866 lebte er in Dresden und Wiesbaden. Sein Hauptwerk sind die »Grundzüge der wissenschaftlichen Botanik« (Leipz. 1842–43, 2 Bde.; 4. Aufl. 1861), in dem er der Botanik auf Grundlage der Kant-Friesschen Philosophie eine wissenschaftliche Grundlage zu geben suchte. Er stellte die Botanik als induktive Wissenschaft auf eine höhere Stufe, erweiterte den Gesichtskreis und setzte der Forschung ein großartiges Ziel. Er betonte überall die Entwickelungsgeschichte als die Grundlage jeder morphologischen Einsicht und machte zum erstenmal den Versuch, die Hauptabteilungen des Pflanzenreiches morphologisch und entwickelungsgeschichtlich zu charakterisieren. Die »methodologische Einteilung« seiner »Grundzüge« besitzt dauernden Wert für alle Naturforscher. Sonst schrieb er: »Handbuch der medizinisch-pharmazeutischen Botanik« (Leipz. 1852–57, 2 Bde.); »Die Pflanze und ihr Leben« (das. 1848, 6. Aufl. 1864); »Studien« (das. 1855, 2. Aufl. 1857), eine Sammlung populärer Vorträge; »Zur Theorie des Erkennens durch den Gesichtssinn« (das. 1861); »Die Landenge von Suez« (das. 1858); »Über den Materialismus der neuern deutschen Naturwissenschaft« (das. 1863); »Das Meer« (Berl. 1865, 3. Aufl. 1888); »Das Alter des Menschengeschlechts« (Leipz. 1863); »Die Umwandlung der Weltordnung am Ende des Mittelalters« (Dresd. 1866); »Für Baum und Wald. Eine Schutzschrift« (Leipz. 1870); »Die Rose; Geschichte und Symbolik etc.« (das. 1873); »Das Salz« (das. 1875); »Die Bedeutung der Juden für Erhaltung und Wiederbelebung der Wissenschaften im Mittelalter« (das. 1877); »Die Romantik des Martyriums bei den Juden im Mittelalter« (das. 1878). Auch gab er mit Nägeli die »Zeitschrift für wissenschaftliche Botanik« (Zürich 1844–1846) und mit Schmid: »Die geognostischen Verhältnisse des Saaltals bei Jena« (Leipz. 1846) heraus. Unter dem Pseudonym Ernst veröffentlichte er zwei Sammlungen »Gedichte« (Leipz. 1858 u. 1873). 1904 wurde ihm in Jena ein Denkmal (von Ignaz Taschner) errichtet. Vgl. M. Möbius, Matthias Jakob S., zu seinem 100. Geburtstag (Leipz. 1904); Stahl, Matthias Jakob S. (Jena 1904).

2) Rudolf, Jurist, Vetter des vorigen, geb. 22. Juli 1815 in Ascheberg bei Plön, gest. 25. Febr. 1895 zu Freiburg i. Br., studierte die Rechte, war bei der Zollgrenzregulierung Holsteins tätig und ward nach der Erhebung der Herzogtümer 1848 von der provisorischen Regierung in das Vorparlament nach Frankfurt, dann als deren Agent nach Berlin gesandt. Nach der Okkupation der Herzogtümer durch die Österreicher 1850 ging er nach Bremen, wurde 1853 Ministerresident in Washington, vertrat seit 1863 daselbst die drei Hansestädte, 1865–66 als hanseatischer Ministerresident in London und lebte dann als Privatmann zu Freiburg i. Br. 1867–73 gehörte er dem Reichstag an. Von seinen Schriften sind zu nennen: »Das staatsrechtliche Verhältnis der Herzogtümer Schleswig-Holstein« (anonym, Hamb. 1849); »Zum Verständnis der deutschen Frage« (desgl., Stuttg. 1867); »Reiseerinnerungen aus den Vereinigten Staaten in Amerika« (New York 1873); »Jugenderinnerungen eines Schleswig-Holsteiners« (Wiesb. 1886), denen sich »Erinnerungen eines Schleswig-Holsteiners 1841–1848« (das. 1890) und als Bd. 3 u. 4 eine neue Folge aus den Jahren 1848–1850 (das. 1891 u. 1893) anschlossen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 838.
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