Wieliczka

[600] Wieliczka (spr. wjelitschka), Stadt in Galizien, 242 m ü. M., am Westabhang einer Anhöhe, an der Staatsbahnlinie Krakau-W. gelegen, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat ein Schloß (Salinengebäude), Salinenmuseum, Solbadeanstalt, Bergschule, Minoritenkloster, Ziegelfabrik, Armen- und Waisenhaus, einen Stadtpark und (1900) 6293 poln. Einwohner. Unterhalb der Stadt befindet sich das berühmte Steinsalzbergwerk, das reichste der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Dasselbe hat eine Ausdehnung von Westen nach O. von 3800 m, von N. nach S. von 1200 m und eine Tiefe von 280 m. Die Salzbildungen gehören der Tertiärzeit an und füllen eine Bucht aus, deren Grenzen im S. und O. durch eocäne Sandsteine, im N. durch neogenen marinen Sandstein bezeichnet werden. Das reinste, das sogen. Szybiker Salz (Schachtsalz), nimmt die relativ tiefste, das Spizasalz die nächst höhere und das sogen. Grünsalz die höchste Lage ein. Elf Tagschächte führen in die Gruben, davon zwei in der Stadt selbst; der eine ist mit einer Wendeltreppe versehen und wurde 1744 unter August III. angelegt, der andre wird gewöhnlich von den Besuchern des Bergwerkes mittels Drahtseilen befahren. In den sieben Galerien breitet sich ein Labyrinth von durch mehrere Brücken verbundenen Gängen in einer Länge von 93 km aus. Die Gruben enthalten 16 Teiche, von denen mehrere befahren werden können. Die ausgebrochenen Kammern werden zum Teil als Magazine benutzt; zehn derselben sind von bedeutender Größe (bis 30 m hoch) und mit Statuen, Säulen, Leuchtern etc. geschmückt. Alles ist aus Salz gehauen und bietet bei Beleuchtung einen feenhaften Anblick. Zwei dieser Räume dienen als Kapellen und sind mit Altären, Heiligenbildern und Verzierungen ausgestattet: in der größern wird jährlich am 3. Juli eine Messe gelesen. Der Salzbergbau beschäftigt mit dem benachbarten Bergwerk in Bochnia zusammen (1906) 1691 Arbeiter und lieferte 120,370 Ton. Salz im Werte von 8,8 Mill. Kronen. Das Salz von W. ist nicht weiß, sondern von schwärzlichgrauer Farbe. Es wird gebrochen, gehauen und gesprengt; doch erfolgt der Abbau nur in den untern [600] Stockwerken. Die Förderung in den Gruben geschieht auf Pferdebahnen (40 km); zur Förderung, Wasserhebung. zum Vermahlen des Salzes etc. sind Dampf- und elektrische Motoren mit zusammen 1170 Pferdekräften im Betrieb. In den Handel kommt das Salz von W. als Stücksalz, gemahlenes Speisesalz, Viehsalz und Fabriksalz. – Das Salzbergwerk von W. wird schon 1044 erwähnt und gehörte ehemals zu Polen; Kasimir d. Gr. ordnete zuerst den regelmäßigen Betrieb desselben an. August II. zog sächsische Bergleute nach W., die eine bessere Bebauung einführten. 1772 kam das Bergwerk an Österreich. Durch den Wiener Frieden 1809 wurde es dem Kaisertum Österreich und dem Herzogtum Warschau gemeinschaftlich überlassen; durch den Wiener Kongreß kam es wieder ganz an Österreich. Zwei Wassereinbrüche (19. Nov. 1868 und 17. Febr. 1879) wurden erfolgreich bewältigt. Vgl. Hrdina, Geschichte der Wieliczkaer Saline (Wien 1842); Niedźwiedzki, Beitrag zur Kenntnis der Salzformation von W. und Bochnia (Leuth. 1891) und Zur Geologie von W. (das. 1892); Windakiewicz, Das Steinsalzbergwerk in W. (Wieliczka u. Freiberg 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 600-601.
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