Morus [3]

[471] Morus, 1) Thomas, Sohn des Ritters Johannes Moor, eines Richters an der Kings Bench, geb. um 1480 in London; studirte in Oxford, lebte hierauf als Advocat in London u. wurde in das Unterhaus gewählt; Heinrich VIII. zog ihn in seine Dienste u. ernannte ihn zum Kanzler von Lancaster u. nach Wolseys Tode 1529 zum Großkanzler von England u. gebrauchte ihn zu mehren Gesandtschaften. Da er nicht zu vermögen war, die Heirath Heinrichs VIII. mit Anna Boleyn gut zu heißen, so mußte er 1532 sein Amt niederlegen, u. da er 1534 die Successionsacte für Elisabeth beschwören, aber des Königs Scheidung von Katharina nicht als rechtmäßig anerkennen wollte, wurde er in den Tower gesetzt u. 6. Juli 1535 enthauptet. Er schr.: De optimo reipublicae statu deque nova insula Utopia (die erste communistische Schrift eines Engländers, worin er das englische Staatswesen u. die europäische Politik kritisirt u. einen idealen Staat darstellt, in welchem alle Glieder der Gesellschaft für dieselbe arbeiten müssen, u. daß absolute Gleichheit der Verpflichtung dazu u. ein Unterschied nur in der besondern Art der Arbeit stattfinde; wo er ferner Aufhebung des Privateigenthums, Gütergemeinschaft, gleichen Anspruch Aller an das gemeinsame Erzeugniß u. völlige Religionsfreiheit fordert), Löwen 1516 u.ö., deutsch Lpz. 1612 u.ö.; Hist. Richardi III., Frankf. 1651; Responsio ad convicia Lutheri congesta in Henricum VIII., Lond. 1523; Poemata, Bas. 1518; Quod mors pro fide fugienda non sit 1534; Gedichte u. Epigramme; Werke, Lond. 1559 u. Löwen 1566, Frankf. 1689, Fol.; vgl. Rudhart, Thomas M., Nürnb. 1829; Mackintosch, Life of Sir Thomas M., Lond. 1830, 2. A. 1844; W. J. Walter, Sir Th. M., Lond. 1840. 2) Samuel Friedrich Nathanael, geb. 30. Novbr. 1736 zu Lauban in der Oberlausitz; studirte seit 1754 in Leipzig, habilitirte sich hier 1761 bei der philosophischen Facultät, wurde 1768 Professor der Philosophie, 1771 der Griechischen u. Römischen Literatur, 1782 der Theologie, 1785 Domherr in Meißen u. 1787 Mitglied des Consistoriums; er st. 11. Novbr. 1792. Er war Schüler Ernesti's u. machte sich bes. um die Exegese des N. T. verdient, indem er bes. die Theorie der Hermeneutik ausbildete; er schr.: Vita J. Jac. Reiskii, Lpz. 1776; Dissertationes theolog. et philolog., ebd. 1787–1794, 2 Bde., 5. Ausg. 1820 (deutsch von G. B. Reichel, ebd. 1793 f., 2 Bde.); Epitome theologiae christianae, ebd. 1789, 4. Ausg. 1799 (deutsch von Schneider 1795); dazu ein Commentarius exeget. histor., Halle 1797, 2 Bde,; Vorlesungen über die Moral, Lpz. 1794; Predigten 1786; gab heraus: Der Brief an die Hebräer, Lpz. 1776, 3. Aufl. 1786; Isocratis Panegyricus, Lpz. 1766, 4. Ausg. von Spohn, 1817; Xenophons Cyropaedia (ebd. 1774, 2. Ausg. 1783); Anabasis (ebd. 1775); Historia graeca (ebd. 1770); Julius Cäsar (ebd. 1780); Lebensbeschreibung von Reichel, ebd. 1797, von Voigt, ebd. 1792, von Höpfner, ebd. 1793.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 471.
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