Ramme [1]

[810] Ramme (Rammel), 1) so v.w. Handramme od. Besetzschlägel (vgl. Besetzen 6); 2) (Rammmaschine, Hoye), Maschine, womit Pfähle in die Erde geschlagen werden, wie dies vorzüglich beim Rostschlagen u. bei verschiedenen Wasserbauten vorkommt. Das Einschlagen (Einrammen) des Pfahles geschieht zunächst durch den Rammklotz (Rammblock, Rammbock, Bär, Katze), welcher auf den Kopf des Pfahles herabfällt. Der Rammklotz ist 5–20 Centner schwer, von Eisen od. zähem Holze, im letzteren Falle mit eisernen Ringen u. Schienen beschlagen. Zu seiner Führung dienen ein od. zwei auf den Vorderschwellen stehende senkrechte Balken (Läufer, Führer), an denen der Rammbär mittelst oben u. unten angebrachter Arme, welche die Läufer umfassen, od. mittelst eines Spundes auf- u. niedergeht. Das Gerüst (Rammelgerüst), welches den Fuß der. R. bildet, besteht aus vier Balken, der Vorder-, Hinter- u. zwei Seitenschwellen; der Raum zwischen diesen vier Schwellen heißt Stube. Ein Schlagwerk mit dreiseitiger Stube heißt Winkel- od. Eckramme. An den beiden Enden der Vorderschwelle gehen zwei Strebebäume (Vorderruthen) gegen die od. den Läufer in die Höhe. Die rechte Vorderruthe (Leiter) ist mit Sprossen versehen, damit man darauf zum oberen Theile des Läufers steigen u. die daselbst befindlichen Rollen schmieren kann. Auf der Hinterschwelle stehen ebenfalls zwei Strebebäume (Hinterruthen) gegen den Läufer gerichtet. Hinsichtlich der Art, wie der Rammblock in die Höhe gezogen wird, unterscheidet man Zug-, Kunst- u. Dampframme. a) Bei der Zugramme wird ein starkes Tau (Rammtau od. Bärtau) an eine auf der oberen Seite des Rammklotzes befindliche Krampe befestigt u. über eine Rolle (Rammscheibe) geschlagen, welche sich oben an dem Läufer befindet; das Ende des Rammtaues (Schwanz) hängt hinter den Läufern herab. Daran wird mittelst eines Knebels (Rammknebel) ein anderes, zu einem Kranz geschlungenes Tau (Kranztau) höher od. tiefer befestigt, je nachdem der einzutreibende Pfahl hoch od. niedrig ist. An das Kranztau werden nun ebensoviel Zugleinen befestigt, als Menschen zum Ziehen des Rammblockes nöthig sind (auf je 30–35 Pfund des Gewichtes des Blockes eine Person). Um das Ziehen zu erleichtern, endigt sich jede Zugleine um einen Knebel (Zugknebel). Auf das Commando des Schwanzmeisters ziehen nun alle Arbeiter zugleich an, heben den Rammblock 2–6 Fuß hoch u. lassen ihn sogleich wieder fallen. Eine Reihe von 15–20 solcher schnell hinter einander gescheheuerte Schläge, nach deren Vollendung wieder einige Zeit ausgeruht wird, heißt Hitze. Man rechnet zwölf Hitzen auf eine Stunde, u. beobachtet sorgfältig, wie tief der Pfahl bei jeder Hitze noch eindringt. Damit der einzurammende Pfahl nicht aus seiner Richtung weiche, wird er mit Seilen (Flohrseilen) an den Läufer angebunden. Sollen sehr schwere Pfähle eingerammt werden, so bedient man sich zum Aufheben u. Einsetzen derselben folgender, zu diesem Zweck an der Rammmaschine angebrachten Vorrichtung: über dem Läufer ist ein Balken (Trietzkops) angebracht, welcher nach hinten geht u. an beiden Enden mit einer Rolle versehen ist; das an den Pfahl geschlungene Tau (Pfahltau), wird über diese Rollen geleitet u. geht hinten herab nach einer Winde (Spille), welche an den Hinterruthen befestigt ist. Mittelst der Winde wird nun der Pfahl gehoben u. an Ort u. Stelle gebracht. b) Bei der Kunstramme (Englischen R., Hakear, Hakenrammmaschine) ist das Rammtau nicht unmittelbar an dem Rammklotz, sondern an einem starken, eisernen Haken (Klaue) befestigt, welcher in die Krampe des Rammklotzes eingreift. Diese Klaue ist so gestellt, daß sie, wenn sie bis an den oberen Theil des Läufers in die Höhe gezogen ist, nach hinten niedergedrückt wird u. vorn aushebt, wodurch der Rammklotz niederfällt. Gestalt u. Stellung der Klaue sind sehr verschieden; auch wendet man eine Zange zum Fassen des Rammblocks an; ist der Block gehoben, so streifen die Schenkel der Zange an zwei an dem Gerüst befindliche, höher u. tiefer stellbare Backen u. öffnen die Zange, so daß der Block herabfällt. Das Rammtau wird durch Flaschenzüge, Winden od. durch Pferde angezogen; dadurch kann der Rammklotz sehr hoch gehoben werden, u. sein Schlag (Bär-, Rammschlag) hat einen größeren Effect, aber die Schläge können nur sehr langsam auf einander folgen. Ist ein Pfahl bis zur Tiefe des Gerüstes eingeschlagen, so würde ihn der Rammklotz nicht mehr erreichen können, man setzt daher auf den Kopf desselben einen Klotz (Knecht od. Afterramme), welcher mit eisernen Ringen beschlagen u. mit einem Ansatz versehen ist, damit er an dem Läufer feststeht. Man gebraucht Knechte von verschiedener Höhe. Das Gerüste der Rammmaschine ist meistens so eingerichtet, daß es an dem Orte des Gebrauchs zusammengesetzt werden kann. Um die R. an dem Orte des Gebrauchs leichter fortrücken zu können, sind an dem Fußgestelle bisweilen ganz niederige Walzenräder angebracht u. in die Schwellen Einschnitte (Larven) gemacht, um die Hebebäume untersetzen zu können. c) Bei den in neuerer Zeitvielfach angewendeten Dampframmen, unter denen sich bes. die von Nasmyth auszeichnen, dient der Wasserdampf unmittelbar zum Heben des an der Kolbenstange befestigten Rammblockes,[810] dessen Gewicht bis zu 56 Centnern beträgt, u. der in einer Minute 70 bis 80 Schläge von 3 Fuß Fallhöhe macht. Die Einrichtung einer solchen Dampframme ist folgende: das mit einem Läufer, welcher durch Streben u. Zugstangen in verticaler Lage erhalten wird, versehene Gerüst ruht auf vier niedrigen Rädern u. kann sich auf diesen entlang einer Schienenbahn, welche an den Pfahlreihen hinläuft, fortbewegen. Auf dem Gerüste befindet sich ein Dampfkessel, der Treibapparat u. eine Dampfmaschine zum Aufziehen des Treibapparates u. zum Fortbewegen des Ganzen. Auf dem Kopfe des Läufers sitzt eine große Leitrolle, über welche eine starke Kette läuft, an welcher vorn der Hebeapparat aufgehängt ist, während das andere Ende sich um eine Trommel windet, welche durch die Maschine in Umdrehung versetzt werden kann. Der auf dem Kopfe des einzuschlagenden Pfahles aufstehende Hebeapparat besteht aus einem cylindrischen Gehäuse mit zwei Kammern, in deren unterer der Rammklotz auf- u. niedergeht, während die obere den Dampfcylinder bildet, also den Dampfkolben mit Kolbenstange, die Dampfausströmungs- u. die Einströmungsöffnung enthält, welche letztere durch Knieröhren mit dem Kessel in Verbindung stehen. Der Dampf strömt unter dem Kolben ein, hebt den Kolben mit dem an der Kolbenstange hängenden Rammklotz in die Höhe, bis dieser durch eine an ihm angebrachte Klinke umsteuert, d.h. die Zuströmungsöffnung schließt, die Ausströmungsöffnung öffnet, worauf der Dampf schnell entweicht u. der Kolben sammt Klotz herabfällt; dann beginnt das Spiel von Neuem, da eine zweite am Rammklotze angebrachte Klinke mit Schieberstangen wieder umsteuert u. den Dampf wieder unter den Kolben läßt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 810-811.
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