Roland de la Platière

[237] Roland de la Platière (spr. Rolang dla Platiähr), Jean Marie Baptiste, geb. 1732 in Villefranche bei Lyon, entlief im 19. Jahre, um nicht Geistlicher werden zu müssen, dem elterlichen Hause u. trat bei einem Verwandten in Rouenludas Administrationsfach ein. Bald widmete er sich den ökonomischen u. Handelsstudien u. schrieb mehres über diesen Gegenstand. Er wurde Generalinspector in Amiens u. dann als Inspector des Handels u. der Manufacturen nach Lyon versetzt, wo. er an der Fortsetzung des Dictionnaire des manufactures arbeitete. Begierig ergriff er die Grundsätze der Revolution u. kam in die Municipalität von Lyon. Zum außerordentlichen Deputirten bei der Assemblée constituante ernannt, um vor dieser die Noth des Lyoner Gewerbstandes zu schildern, kam er im Februar 1791 nach Paris, wo er mit den Girondisten in Verbindung trat u. sich für die Republik erklärte. Als er bei seiner Rückkehr nach Lyon die Stellen der Inspectoren des Handels u. der Fabriken aufgehoben fand, begab er sich im December 1791 wieder nach Paris, um seine encyklopädischen Arbeiten zu vollenden, kam mit Brissot wieder in Verbindung u. wurde im März 1792 Minister des Innern. Indem er Ludwig XVI. nöthigen wollte, das Decret, welches die nichtvereidigten Priester verfolgte, zu sanctioniren, schrieb er (od. vielmehr dictirte seine Frau ihm) am 10. Juni einen heftigen Brief an den König, in Folge dessen er entlassen wurde. Nach dem Sturm auf die Tuilerien am 10. August wurde er wieder Minister, ja selbst Mitglied der provisorischen Regierungscommission, aber bald mißfiel seine Geradheit, Offenherzigkeit u. verhältnißmäßige Mäßigung den Jakobinern, u. als er nach den Septembertagen die Ordnung wieder herstellen wollte u. die Commune von Paris großer Grausamkeit u. Gewaltthätigkeit beschuldigte, zog er sich die Feindschaft dieser u. Marats u. Dantons zu, behielt aber dennoch sein Portefeuille bis am 31. Mai 1793, wo die Gironde fiel u. 21 Deputirte proscribirt wurden. Nun floh R. nach Rouen, wo er sich verbarg. Bald erfolgte seine Anklage, seine Frau wurde verhaftet u. hingerichtet, u. aus Schmerz darüber, erstach er sich im November 1793 zwischen Paris u. Rouen auf der Straße. Er schr.: Lettres écrites de Suisse, d'Italie, de Sicile et de Malte, Amsterd. 1782, 6 Bde.; L'art du fabricant d'étoffes de laines rases etc., Paris 1780 (deutsch Nürnb. 1782), L'art du fabricant de velours, de coton etc., Par. 1783 (deutsch von I. S. Hall, Berl. 1789), u.a.m. 2) Manon Jeanne, geb. 1754 in Paris, Tochter des Kupferstechers Philipon, wurde durch das Studium der Alten, Rousseaus n. A. dem Republikanismus gewonnen u. heirathete 1770 den Vorigen. Als ihr Gatte 1791 Minister des Innern wurde, unterstützte sie ihn in seinen Arbeiten u. leitete ihn in Vielem. In ihrem Hause fanden wöchentliche Zusammenkünfte von Gelehrten u. Staatsmännern, bes. der Girondisten, Statt. Als nach dem Siege des Berges ihr Gatte nach Rouen floh, blieb sie in Paris u. wurde hier verhaftet u. 8. Nov. 1793 guillotinirt. Ihre 1795 einzeln, 1799 gesammelt erschienenen Schriften sind vollständig herausgegeben worden, als: Mémoires de Madame R., Par. 1820,3. A. 1835. 3) Angelica Francisca, geb. Marchandeau Delille, geb. 1769 in Angers, heirathete 13 Jahr alt einen Herrn Barrairon; Wittwe geworden heirathete sie 1796 einen Herrn R.; sie schr. schon im achten Jahre das Lustspiel Le retour des matelots ou la prise de Grenade, später die Romane Palayra, Melanie de Rostange, Alexandra, Adalbert de Montgelas, Emilia, Lydia Stevil, La jeune Bostonienne, Le trésor de la famille de Loewenberg.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 237.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: