Vilain

[584] Vilain (spr. Wiläng), angesehene belgische Familie, deren Mitglieder von der Kaiserin Maria Theresia durch Decret vom 7. Sept. 1785 zu Vicomten erhoben wurden. Das älteste Wappen der Familie führte die volle Zahl XIIII. in Mitten eines Kranzes von Hopfen (vlämisch hop), der Hoffnungsblüthe, im Schilde; dies las man: Veertien in hop (vierzehn in Hopfen) u. deutete es nach Art eines Rebus Verdien in hope (verdiene in Hoffnung). 1) Philippe, Vicomte V. XIIII., dessen Vater war nach Frankreich gegangen, hatte dort durch Börsenspeculationen ein bedeutendes Vermögen erworben u. dann an der ersten Französischen Revolution Antheil genommen; Philippe, welchen sein Vater nach Frankreich hatte nachkommen lassen, erhob sich hier bis zum Kammerherrn der Kaiserin Josephine, kehrte später nach Belgien zurück u. starb als Senator 1856. 2) Charles Ghislaine Guillaume, Vicomte V. XIIII., Sohn des Vorigen, geb. 15. Mai 1803 in Brüssel, erhielt seine Bildung zuerst in einem Gymnasium in Paris, kam dann in das Jesuiteninstitut nach St. Acheul bei Bordeaux u. studirte seit 1822 Philosophie auf der Universität zu Lüttich. Seit 1823 lebte er auf Schloß Leuth u. beschäftigte sich daselbst mit mannichfachen Studien; 1828 betrat er die Journalistenlaufbahn u. wurde 1830 von der Provinz Limburg in den Congreß gewählt, wo er als Secretär bei den wichtigen Berathungen über die Auflösung des Königreichs der Niederlande, die Grenzregulirung, die Wahl des neuen Königs (Prinz Leopold von Sachsen-Koburg-Gotha) u. die Verfassung vom 7. Febr. 1831 seinen liberalen, aber offenen u. edlen Charakter entfaltete u. dann dem neugewählten Prinzen am 21. Juli 1831 die feierliche Einsetzungsurkunde auf dem Königsplatz in Brüssel vorlas. 1831 wurde er Mitglied der legislativen Zweiten Kammer, dann Gouverneur von Flandern, Gesandter in Rom, Turin, Florenz u. Parma u. 30. März 1855 Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Belgien (s.d. S. 532), gab aber 31. Oct. 1857 mit dem ganzen Ministerium seine Entlassung. 3) Hippolyte, Vicomte V. XIIII., saß 1830 mit in dem belgischen Congreß, nahm in demselben Jahre an der Londoner Conferenz Theil, wurde 1831 nach dem Conferenzprotokoll vom 20. Dec. 1830, die Auflösung des Königreichs der Niederlande betreffend, mit van de Weder nach London gesandt, um die Gesinnungen des Prinzen Leopold über die Annahme der Königskrone Belgiens zu ermitteln. Als die Regulirung der Landesgrenzen durch Protokoll vom 20. Januar 1831 gegen die Wünsche der Belgier ausgefallen war u. neun Provinzen protestirten, wurde Hippolyte in die Protestcommission für Ostflandern gewählt. Er starb um 1845.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 584.
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