Ich

1. Bist du nicht wie ich, so bin ich nicht wie du. Henisch, 1220, 19.


2. Das Ich und mich, das Mir und Mein regiert in aller Welt allein.Winckler, XIII, 79; Simrock, 5210; Körte, 3145; Braun, I, 1633; Petri, II, 64.


3. Dat bön ek, sed de Geck. (Meurs.) – Firmenich, I, 405, 320.


4. Ehr eck nich kôme, wert'r doch nix ut, sä de Deif, da se den Galgen buën. (Hildesheim.) – Hoefer, 216.


5. Erst ich und die Meinen, dann du und die Deinen.

It.: Fa bene a te e tuoi, e poi agli altri, se tu puoi. (Gaal, 1091.)


6. Erst komm' ich.

Als Hr. von Pochhammer, der Apostel der Irvingianer, am 12. Oct. 1856 seiner Gemeinde in Magdeburg das Abendmahl austheilte, spendete er dasselbe erst sich selbst und dann den Communicanten. (Vgl. National-Zeitung, Berlin 1856, Nr. 489, Beilage.)

Jüd.-deutsch: Wechipper báadoo. (Tendlau, 286.)


7. Erst komm' ich, dann mein Nachbar (Nächster).Reinsberg III, 41.

Die Polen: Zuerst mir, dann dir, ist's möglich. Die Holländer: Zuerst Ohm und dann Ohm's Kinder. Die Bergamasken: Sanct-Franciscus rasirte zuerst sich selbst und dann seine Jünger. Die Kroaten: Jeder streichelt sich seinen Bart. Die Sarden: Gott hat sich selbst zuerst den Bart wachsen lassen. (Reinsberg III, 41.)

Lat.: Optat vicino ut habeat, magis autem ollae. (Tappius, 87b; Erasm., 785.) – Primus sum egomet mihi. (Gaal, 1091.)


8. Erst komm' ich, sagte die Frau des Postillons, denn mein Mann geht (sitzt) vor Grafen und Fürsten.


9. Erst komm' ich und wieder ich und nochmals ich, und dann kommen die andern noch lange nicht.Simrock, 5213; Reinsberg III, 41.

Ein amerikanischer Pferdehändler im Westen hat neulich seine auf die obige Anschauung gegründete [954] praktische Lebensphilosophie in folgende vier Satze zusammengedrängt, die, wie er behauptet, für das menschliche Bestehen vollständig hinreichend seien: a) Leihe nie einen Thaler, ausser du bekommst zwei dafür als Sicherheit; b) schlage es nie jemand ab, mit ihm zu trinken, denn es kostet dich nichts; c) fordere nie jemand auf, mit dir zu trinken, denn du musst dafür bezahlen und d) bekümmere dich nie um das, was passirt, so lange es nicht dir passirt. (Wächter am Erie, Cleveland 1868, Nr. 37.) Wenn die berechtigte Selbstliebe in herzlosen Egoismus ausartet, sagen die Neugriechen: Bin ich schuld, lasst meinen Namen bersten, ist aber er schuld, lasst ihn selbst bersten. Die Hebräer: Wenn das Wasser der Sündflut kommt, so lege deinen Sohn unter deine Füsse. Der letzte Spruch bezieht sich auf die moslemitische Sage, nach welcher die widerspenstigen Söhne Noah's, als ihnen das Wasser der Sündflut bis an den Mund stieg, ihre Kleinen, die sie zuerst väterlich liebevoll auf das Haupt gehoben, um sie zu retten, nun in dem Entsetzen vor dem eigenen Tode sich unter die Füsse legten, um einige Augenblicke höher zu stehen, als die verschlingenden Wogen. (Reinsberg III, 42.) Die Osmanen haben, um den Egoismus zu zeichnen, das Sprichwort: Ich sagen, ist ein Werk des Teufels. (Schlechta, 159.)

10. Hier kâm ik, säd' Kanter Wulf, dôr full he ût de Lûk. (Holst.) – Hoefer, 1146.


11. Ich und der Esel sind zusammen die Treppe heruntergefallen.Simrock, 5212.


12. Ich und du und Müllers Kuh.Simrock, 5212a.


13. Ich und du und Müllers Su und 's Herre Stier si üsere vier.Schild, 45, 18.


14. Ich und mein Herr haben den ganzen Boden voll Hafer, sagte der Junge, als er den Pferden Siede einschüttete.

Holl.: Ik en mijnheer hebben de zolders vol koorn liggen, zei de knecht, en hij was blij, als hij zijn weekgeld ontfing. (Harrebomée, I, 295.)


15. Ick und du un du un ick un Nabersjung, sünd dat nich mal vêl?Biernatzki, Volksbuch, 1844.


16. Iirst koam ick, seggt de Pujatz. (Strelitz.) – Firmenich, III, 71, 120.


17. Iirst koam ick un denn koam 'k noch eens, un denn koam 'k tum drüddenmoal. (Strelitz.) – Firmenich, III, 73, 115.


18. Jetzt komm' ich dran, sagt der Hanswurst. Hoefer, 1088b.

Er wirft sich bei seinem Auftreten in die Brust, um auszudrücken, er könne noch schönere und schwierigere Kunststücke machen als bisher geboten seien.


19. Ock on du sönd so got wie andre ihrer twei. Frischbier2, 1795.


20. Sein Ich, sein Mich, sein Mir, sein Mein den Menschen bringt in grosse Pein.


21. So wie ich bin, so ist mein Sinn.Frischbier2, 1794.


22. Wo bleib' ich, sagt der Kiebitz. (Köthen.)


*23. Er kann noch nicht Ich sagen.

Das Selbstbewusstsein fehlt ihm noch. Was die Völker betrifft, so zählen nur diejenigen, welche es besitzen. Daher sagte einst Welcker: »Preisen wir die Völker, welche ›Ich‹ sagen lernten. Es ist mit den Völkern wie mit den einzelnen Menschen. Wenn sie einmal, aus der bewusstlosern Lebensstufe hoch über [955] das Sachliche und Thierische sich erhebend, Ich sagen lernen, dann vergessen sie ihre Persönlichkeit nicht wieder. Hoffen wir, dass unsere deutsche Nation bald Ich sagen lerne.« (Sächsische Vaterlandsblätter, Leipzig 1846.) Seit 1866 ist sie auf dem Wege dazu. Die Engländer stellen ihr Ich voran und schreiben es gross; in Deutschland gibt es noch Leute, die es kaum zu sagen wagen, die es entweder ganz weglassen oder aus einer die gesunde Wortfolge verhöhnenden Höflichkeit in irgendeinen Winkel das Satzes drängen. L. Walesrode (Glossen und Randzeichnungen zu Texten aus unserer Zeit, Königsberg 1842) sagt: »Der niedrigste Engländer in dem Bewusstsein seiner Habeas-Corpus-Acte schreibt sein Ich mit einem ebenso grossen I wie ein deutscher König. Der deutsche Philister verschluckt lieber mit seiner Krämertimidität das Ich ganz und gar. Der geistesstarke Fichte wollte seine Nation zum Bewusstsein ihres Ichs erheben, aber er fand – Deutsche.« Nach L. Börne (Gesammelte Schriften, Hamburg 1840, IV, 52) war es Jean Paul, der es zuerst wagte, das jedem Deutschen so grause Wort »Ich« auszusprechen.


*24. Sein Ich ist die Hauptsache.

Holl.: Hij draagt veel zorg voor zijn lieve ik. – Hij heeft veel met zijn' eigen' tabernakel op. (Harrebomée, I, 361a.)


*25. Sie sind beide Ein Ich.Eiselein, 341.


*26. Und Ich, sagte der Narr.Hoefer, 785; Simrock, 5211.


[Zusätze und Ergänzungen]

27. Sein liebes Ich soll immer oben schwimmen. Klix, 31.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Anselm von Canterbury

Warum Gott Mensch geworden

Warum Gott Mensch geworden

Anselm vertritt die Satisfaktionslehre, nach der der Tod Jesu ein nötiges Opfer war, um Gottes Ehrverletzung durch den Sündenfall des Menschen zu sühnen. Nur Gott selbst war groß genug, das Opfer den menschlichen Sündenfall überwiegen zu lassen, daher musste Gott Mensch werden und sündenlos sterben.

86 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon