Thaler

1. Alte Thaler, junge Weiber sind der beste Zeitvertreiber.

Dieser Spruch war in Schwaben auf dem Handgriff eines alten Wetzstahls eingegraben.


2. Alte Thaler sind die besten.

Engl.: Old dollars are (old money is) the best of all.


3. Das ist ein schöner Thaler, mit welchem man hundert gewinnen kann.Chaos, 676.


4. De ersten tendusend Daler bünd am schwersten tohopen. (Rendsburg.)


5. Die Thaler helfen einem auf den Berg.Parömiakon, 830.


6. Die Thaler in des Verschwenders Tasche sind immer wanderlustig.Altmann VI, 459.


7. Ein angerissener Thaler ist ein verlorener Thaler.

Ist ein Groschen von dem in Kleingeld verwandelten Thaler fort, so werden bald auch die übrigen folgen.


8. Ein angerissener Thaler und ein angerissener (angetrunkener) Gast haben wenig Rast.

Beide gehen bald weg.


9. Ein ersparter Thaler ist zweimal gewonnen. Winckler, IX, 89.

Engl.: A Dollar saved is a Dollar earned.


10. Ein (selbst-)erworbener Thaler ist besser als zehn ererbte (geschenkte).

Frz.: Il n'est tel acquet que le don. (Cahier, 32.)


11. Ein jüdischer Thaler hat zehn Silbergroschen, ein patrischer aber nur fünf. (Posen.)


12. Ein Thaler baar (gleich) ist besser als zehn versprochene.

Die Aegypter sagen: Ein Schlag mit baarem Gelde auf der Stelle ist besser als achtzigtausend Dirhems (1000, 7000, auch 10000 Thaler). (Burckhardt, 380.)


13. Ein Thaler gewonnen Geld ist besser als fünf Thaler gefundenes.

Weil beim erworbenen mehr Gedeihen als beim gefundenen, ererbten u. dgl. ist.


14. Ein Thaler gut ausgeliehen, ist besser als ein Pfennig eingenommen.

Nicht selten geht jemand nur dadurch zu Grunde, dass er selber mit arbeitet, und damit eine Kleinigkeit gewinnt, anstatt seine Arbeiter und Dienstleute zu beaufsichtigen, [1134] die ihm infolge des Aufsichtsmangels zehn bis hundertfachen Schaden verursachen.

Lat.: In usu et actione magisterium et experimentum. (Bovill, IV, 144.)

Span.: Buena queja que mala paga. (Don Quixote.)


15. Ein Thaler heute ist besser als hundert morgen.

In Orel: Lieber heute einen Rubel als morgen einen Imperial. (Altmann IV, 479.)


16. Ein Thaler im Haus ist besser als zehn drauss'.

Die Braminen in Puna haben das Sprichwort: Zehn Rupien in Puna sind besser als zwanzig in Bombay. Wiewol jeder vierzigste Hindu in Bombay ein Bramine ist, so werden sie doch von den orthodoxen Braminen in Puna nicht als solche anerkannt. Und obgleich der Hafenort Bombay eine Goldgrube ist, so fürchten die rechtgläubigen Braminen Punas doch dorthin zu reisen, weil es unterwegs an Rasthäusern fehlt, in denen ein gewissenhafter »Erdengott« (Bramine) ohne Furcht, sich zu beflecken, weilen dürfe. (Vgl. Graul, Ueber die Volksstämme u.s.w. im britischen Indien; Ausland, 1855, Nr. 42.)


17. Ein Thaler in der Hand ist besser als eine Uhr an der Wand. (Niederrhein.)


18. Ein Thaler ist des andern Bruder.Winckler, XIX, 97.

Ein Thaler ist des andern Sohn, sagen die Russen. (Altmann VI, 452.)


19. Ein Thaler ist eher verthan als verdient.


20. Ein Thaler ist (bleibt) ein Thaler, und wenn er auch aus (in) schmuziger Tasche kommt (steckt).

Die Russen: Ein Imperial hat Werth und stäke er in der schmuzigsten Börse. (Altmann VI, 391.)


21. Ein verlorener Thaler gilt nicht mehr als ein verlorener Pfennig.Altmann V, 471.

Ein gestohlener Thaler gilt so viel als ein erworbener. (Altmann IV, 478.)


22. Ein wohlverwandter Thaler ist besser als zehn angelegte.

Dän.: En daler, vel anlagt, er bedre end hundrede ilde stedde. (Prov. dan., 104.)


23. Einen Daler wunnen is beater äs fiv Daler funnen. (Westf.)


24. En Daler siegt den annern lik. (Rendsburg.)

Ein Thaler sieht dem andern ähnlich.


25. Es ist ein guter Thaler, mit dem man zehn ersparen kann.Winckler, X, 66.

Dän.: Det er en god daler, hvormed hundrede spares. (Prov. dan., 452.)


26. Es ist ein guter Thaler, mit welchem man viel Thaler erwirbt.Simrock, 10231.


27. Es liegen täglich tausend Thaler auf der Gasse, wer sie nur zu finden weiss.


28. Für Einen Thaler fängt man nicht an, und für hundert hört man nicht auf. (Eifel.)

Der Anfang des Bettelns ist schon sehr schwer, noch schwerer aber das Aufhören desselben.


29. Gucken die Thaler zum Fenster heraus, so hat auch das Mädchen bald Hochzeit im Haus.


30. Halbe Daler, diu häst recht, öbberst (aber) Daler, diu mosst recht hebben. (Lippe.) – Firmenich, I, 267b.


31. Man liebt die gekreuzigten Thaler mehr als den gekreuzigten Christus.Winckler, V, 1.


32. Man soll nicht hunderttausend Thaler nehmen, um ein Armer zu sein.


33. Mit den Thalern schwinden die Freunde.

Die Russen: Mit den Rubeln verliert man seine Freunde, mit den Kopeken auch seine Verwandten. (Altmann VI, 460.)


34. Neue Thaler sind Gäste; wer liegende Güter hat, hält sie feste.


35. Tausend Thaler aus der Büchse und keinen Kreuzer aus dem Sack.Tendlau, 284.

Mit fremden Gelde ist der Geizhals freigebig; Thaler aus der Armenbüchse aber keinen Kreuzer aus der eigenen Tasche.


36. Tausend Thaler in der Kiste und keinen Kreuzer im Sack.


37. Thaler klappen, Worte lappen.Körte, 5916; Wurzbach II, 150.


38. Um einen Thaler kann ich mir keine Beine kaufen, sagte der Bote.

Holl.: Alsof wij beenen om een daalder konden koopen. (Harrebomée, I, 111b.)


[1135] 39. Um einen Thaler zu gewinnen, kann man schon einen Pfennig opfern.

Die Russen: Man kann wol einen Nadelknopf daransetzen, einen ganzen Nagel zu gewinnen. (Altmann VI, 457.)


40. Wenn der Thaler (Rubel) läutet, hört man andere Klänge nicht.Altmann VI, 388.


41. Was ein Thaler werth ist, erkennt man erst, wenn man einen borgen muss.Winckler, III, 24.


42. Wenn mit dem Thaler geläutet wird, gehen alle Thüren auf.Simrock, 10232; Lohrengel, 77.

Engl.: There is no lock, but a golden key will open it. (Masson, 129.)

Frz.: Le passe partout d'un homme riche lui ouvre plus de portes que celui d'un serrurier. (Masson, 129.)


43. Wenn sich zwei um einen Thaler streiten, kauft sich ein dritter Schinken.


44. Wer einen Thaler findet, hat für zwei Thaler Freude.


45. Wer einen Thaler gewinnt und zwei ausgibt, braucht keinen Beutel.

It.: Chi guadagna quattro, e spende sette non hà bisogno di borse, ni di borsette. (Pazzaglia, 150, 14.)


46. Wer einen Thaler verdienen kann, muss nicht mit einem Pfennig vorlieb nehmen.Dove, 859.


47. Wer keine Thaler hat, muss einen krummen Rücken haben.

It.: Chi non ha danari in borsa abbia miele in bocca. (Cahier, 2873.)


48. Wer nur Thaler hat, bei dem gehen Bettler leer aus.


49. Wer viel von seinen Thalern redet, der hat nicht viel.Dove, 525.


50. Wer vier Thaler für fünf einnimmt, der gibt auch sechs für fünf aus.


51. Wer wissen will, wie theuer ein Thaler ist, der muss einen borgen (verdienen). (S. Geld 992.)

Engl.: If you would know the value of mony, go and try to borrow some. (B. Franklin, Way to Wealth.)

It.: Chi ha danari da buttar via, metta gli operaj e non vi stia. (Bohn I, 81.)

52. Wer zehn Thaler anwendet, um fünf zu gewinnen, der braucht sich um keinen Beutel zu kümmern.Winckler, X, 71.


53. Wie die Thaler pfeifen, so tanzen die Dreier. (Wend. Lausitz.)


54. Wo der Thaler geschlagen ist, gilt er am meisten.Simrock, 10230; Körte, 5917; Braun, I, 4471.


55. Wo es einen Thaler gibt, da ist ein Teufel; wo es keinen gibt, da sind ihrer zwei.


56. Wo man die Thaler lässt, da bleibt auch die Freundschaft.Altmann V, 80.


57. Wo Thaler liegen, da rollen Thaler hin.


58. Wollen Sie zwei Thaler haben, eh' ich geh'? rief der eben herausgeworfene Jude in den Laden, wo er auf eine Waare, die fünf Thaler kostet, einen geboten hatte, zurück (hinein).


*59. Die hat den (ersten) Thaler voll.

Ist dreissig Jahre alt.


*60. Doa hâlt de Doaler ok achtunvîrtig Schilling. (Strelitz.) – Firmenich, III, 71, 50.


*61. Dusend dicke Daler.Eichwald, 281.


*62. Er hat alte Thaler im Kasten liegen.

Besitzt Vermögen, ist wohlhabend.

Frz.: Il est le pere aux écus, il a des écus moisis. (Kritzinger, 260a.)


*63. Er hat sich einen schönen Thaler gemacht. Preuss. Hausfreund, 1810, S. 126.

D.h. erspart, erübrigt, auch mit dem Nebenbegriff des Erwerbs auf nicht immer peinlich gewissenhaften Wegen.


*64. Er macht aus hundert Thalern zehn Pfennige und aus zehn Pfennigen nichts.


*65. He sütt si na tausend Daler nig vêl um. (Holst.) – Schütze, IV, 311.

Er braucht nur die Hand auszustrecken, so hat er sie.


*66. Ich nähme keinen Thaler, wenn ich es thun sollte.

Holl.: Ik zou bet voor geen' houten daalder willen. (Harrebomée, I, 112a.)


[1136] *67. Ich welde nich hundert Thaler nahmen. Robinson, 956; Gomolcke, 596.


*68. Seine Thaler putzen (scheuern). (Nordböhmen.)

Um zu sagen: er bereitet sich zu einer Hochzeit oder Gevatterschaft vor.


*69. Thaler ausgeben und Pfennige einnehmen.

Lat.: Caldum mejere et frigidum potare. (Petronius.)


*70. Up sinen Dâler gât neunundvierzig Schilling. (Holst.) – Schütze, IV, 50.

Statt achtundvierzig; ironisch von Leuten, die mehr ausgeben als einnehmen.


*71. Wenn er einen Thaler aufs Dach wirft, so fallen zwei herunter.

In solchem Masse begünstigt ihn das Glück.


*72. Wenn er einen Thaler über das Haus wirft, findet er zwei drüben.

Der Glückspilz.


[1137]

73. Der Thaler ist gut angewandt, wenn man sich freut an Freundes Hand.

Böhm.: Žij, penĕz nežel, s přátely se vesel. (Čelakovsky, 53.)


74. Des Thalers Geheimniss sitzt im Pfennige. Wunderlich, 6.


75. Ein Thaler, der umläuft, schimmelt nicht.

Lat.: Nullus argento color est, nisi temperato splendeat usu. (Hor.) (Philippi, II, 54.)


[1764] 76. Fort du Thaler, alter Prahler, silbern rauscht des Wassers Flut; neue Währung, frische Gährung, goldig blinkt das Rebenblut.

Aus den alten Silberthalern haben vor deren Eingehen hochgestellte Berliner 1875 in einer berliner Kunstwerkstatt altdeutsche Humpen anfertigen und mit Sinnsprüchen versehen lassen. Auf einem derselben steht der obige und der unter 78 angeführte Spruch.


77. Mit einem Thaler kann man kein Schloss mit ein paar Thürmen bauen.


78. Sonst als Thaler für den Zahler, jetzt als Becher für den Zecher. (S. 76.)

79. Zu einem Thaler Brot genügt für einen Dreier Pfeffer.

Böhm.: Za tolar potrav (masa), za trojník pepře. (Čelakovsky, 83.)


*80. Seine Thaler bekommen Krämpfe.

Die alten Römer sagten: die Geldstücke rollen wie toll aus dem Beutel.

Lat.: Nummi lymphatici. (Plautus.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1764-1765.
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