Vier

1. Um vêr mit dem Klöpper an de Dör. (Holst.) – Schütze, II, 282.

Nämlich mit dem Klöpper in der Hand. Die Redensart wird in Friedrichsstadt gebraucht, um zur Pünktlichkeit zu ermahnen, und rührt von einer alten Sitte her, nach welcher um Punkt 4 Uhr Mahlzeit stattfand. Mit dem Schlage vier musste man zur Thür eintreten.


2. Van vören schient 't, van assen quient 't. (Ostfries.)


3. Vier alle Dinge offenbaren: Kinder, Weiber, Trunkene und Narren.


4. Vier haben Gott für ihre Rettung zu danken: wer zur See gefahren, wer die Wüste durchzogen, [1639] wer von einer Krankheit genesen, wer aus dem Gefängniss frei geworden.


5. Vier ist nicht immer gerade.Frischbier2, 3926.


6. Vier künnen des reichtumb nit mächtig sein: zänkischer mann; vnfürsichtiger tirann, vnrechtliger jnnhaber, vnbehuetsamer verschwendter.Rasch, 175.

7. Vier lieben den Trank: Sachs, Baier, Schwab' und Frank'.


8. Vier seind der höchsten fürsichtigkeit oder grösten verstands bedürffend: priester in beicht hören, richter im vrtail fellen, artzt in pfleg der krancken, der reich in seinen schätzen.Rasch, 7.


9. Vier seind der wolthaten bald vergessend: knab, wann er erwächst; der schlecht, wann er empor kompt; der stoltz, in hoffart verwickelt; gfangner, aus dem hafft erledigt. Rasch, Aiiij2.


10. Vier seind, die andern vorstehen: geldreiche, betrüegliche, keckhen; liederlich stoltze, hoffärtige.Rasch, B.


11. Vier seind, die in armuet gerahten: freigebig, prasser, altleut, zankher.Rasch, 180.


12. Vier seind, die rechtlich andern angeheren: künig in vnterthanen; eltern in kindern, ehmann vnd ehweib, meister in lehrjungen. Rasch, B.


13. Vier seind erlanger der oberhait: geldreichen, küenen, sorgfeltigen, listigen.Rasch, B.


14. Vier seind halsstarrig, trutzig, verstokt: tirann, in behaltung der herrschafft; ketzer in glaubens bosshait, gewehnter an die schendwort; entfrembder anderer sachen.Rasch, B.


15. Vier sind des Teufels Schwager: Hiepenbuben (s.d.), Lugensager, Hurenwirth und Würfelträger.Murner, Nb.


16. Vier synd, die gehn himel schreyen: vnschuliges bluetsvergiessung; sodomitisch laster, florenzung; vnterdruckung der armen; betrüglich vorhalt verdientes lons.Rasch, 50.


17. Vier vergelten dem auffhelfer besslich: mauss, in der daschen versperrt; fewr, im gern (Schoss) verborgen; schlang, im buesen getragen; schalckh, mit wolthaten erhelt. Rasch, Aiiij2.


18. Vier werden niemals satt, wie viel sie genossen oder gewonnen: junge Hähne, Priester, Mönche und Narren.


19. Vier werden selten reich: Musikanten, Spieler, Jäger und Fischer im Teich.


20. Vieren vertrau' kein Geheimniss an: Affen, Kindern, Frauen und trunknem Mann.


21. Was man früh um viere thut, kommt einem nachts um neun zu gut.Hebel.


22. Wer vier hat und fünf ausgibt, braucht keinen Geldbeutel.


23. Wo vier essen, wird auch der fünfte satt.


*24. Alle viere in einen Leffel1 setzen. (Schles.) – Weinhold, 31.

1) Läufel, d.i. die vier Füsse auf einen Punkt zusammenthun.


*25. Alle viere von sich strecken.


*26. Auf allen vieren (Händen und Füssen) gehen.Eiselein, 620.


*27. Dî äs af alle vären beschlôen (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 33, 32.


*28. Er ist auf allen vieren beschlagen und hat noch ein Hufeisen in der Tasche.Frischbier2, 3924; Hennig, 26; Masson, 73.

Sehr listig, durchtrieben, geschäftskundig; oder: er weiss immer eine treffende Antwort. In Warschau jüdisch-deutsch: Er is gekowet auf alle Vier. Gekowet vom polnischen kowaé = beschlagen (ein Pferd).

Poln.: Jest on na wszystkie oztéry nogi kuty. (Lompa, 14.)


[1640] *29. Er rufft den vieren auff. (S. Fuss 235.) – Franck, II, 57a.


*30. Mit allen vieren danach greifen.Frischbier2, 3925.


[Zusätze und Ergänzungen]

31. Vier gleichen den Todten: der Arme, der Aussätzige, der Wahnsinnige und Kinderlose.Löwenheim, 48.


32. Vier sind selten beisammen: Klein vnd demüthig, lang vnd klug, bleich vnd kün, rot vnd ohne betrug.

Lat.: Raro breues humiles vidi, longos sapientes albos audaces ruffosque, colonne, fideles. (Loci comm., 208.)


33. Vier sind zu besonderm Danke gegen Gott verpflichtet: wer das Meer befahren, wer eine Wüste durchwandert, wer krank gewesen und genesen, wer gefangen gewesen und frei geworden.Löwenheim, 46.


34. Vier vorziehende gnadgab des menschen: leibs schenhait, gemüets weishait; löblich gerucht, guet leimund; guetes gesprächs, zuedäppisch.Rasch, 211.


35. Viere sind es, die den Namen Bösewicht verdienen: Wer seine Hand zum Schlagen erhebt gegen seinen Nächsten, auch wenn er den Schlag nicht ausführt; wer borgt und will nicht bezahlen; wer frech ist und keine Scheu hat vor denen, die grösser sind als er; wer streitsüchtig ist.Löwenheim, 83, 5.


*36. Mit allen vieren dreyn fallen.Theatr. Diabolorum, 396a.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

L'Arronge, Adolph

Hasemann's Töchter. Volksstück in 4 Akten

Hasemann's Töchter. Volksstück in 4 Akten

Als leichte Unterhaltung verhohlene Gesellschaftskritik

78 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon