Augustus

[337] Augustus (Cajus Julius Cäsar Octavianus) erster röm. Kaiser, stammte aus der reichen und angesehenen Familie der Octavier und wurde im J. 63 v. Chr. geboren. Von seinem Großoheim Julius Cäsar adoptirt, wurde er nach dessen Ermordung sein Erbe und kehrte gerade als 18jähriger Jüngling von seinen Studien aus Griechenland nach Rom zurück, entschlossen, von seinen Rechten als Erbe Cäsars Gebrauch zu machen. Antonius hatte sich aber bereits der Legionen Cäsars, die in Rom lagen, versichert und damit eine augenblickliche Uebermacht gewonnen. Er verachtete den Octavian, den er nicht für gefährlich hielt; darum schloß sich dieser an die republikanische (aristokratische) Partei an, und diese nahm ihn deßwegen gerne auf, um durch den Adoptivsohn Cäsars auf dessen Legionen zu wirken, von denen wie bei Pharsalus die endliche Entscheidung kommen mußte. Sie nöthigten den Antonius wirklich zur Entfernung aus Rom, und als er sich im cispadanischen Gallien bewaffnet widersetzte, erhielt Octavian neben den Consuln ein Commando. Das Glück war ihm günstig; bei Mutina wurde Antonius geschlagen, aber auch die beiden Consuln fielen; die aristokratische Partei glaubte nun den Octavian nicht mehr nothwendig zu haben und ließ es ihn fühlen; da schloß sich dieser an Antonius und Lepidus an, und dieses Triumvirat vernichtete die meisten aristokratischen Familien; nach der. Schlacht von Philippi und der Ermordung des Sextus Pompejus zeigte Octavian Milde und Würde, was ihm den Rest der Aristokratie gewann, welche den Antonius haßte und den Lepidus verachtete. Dadurch sicherte er sich die Ruhe und die Herrschaft [337] im Westen und als sich Antonius durch sein Verhältniß zu der buhlerischen Kleopatra, durch seine tollen Ausschweifungen und seine Niederlage durch die Parther in den Augen des Volkes und Heeres gründlich ruinirt hatte, griff ihn Octavianals Heerführer der röm. Patrioten an, welche eine Zersplitterung des röm. Gebiets nicht dulden wollten. Nach dem Siege von Actium war er thatsächlich Oberherr des röm. Reiches, übte aber seine Gewalt unter republikanischen Titeln, indem er alle Aemter in seiner Person vereinigte, die im Staate eine weitreichende Bedeutung hatten. »König« durfte er sich nicht nennen, denn Rom hatte im Laufe der Jahr-hunderte zu viele Könige zertreten, als daß dieser Titel in Rom geachtet sein konnte, und die Könige der Parther, Juden, Mauren und ferner Völker waren als barbarische Herrscher verachtet und gehaßt zugleich. Darum wählte Octavian einen eigenen Titel, er herrschte als Cäsar, als Augustus, als Imperator, als Nachfolger des großen Siegers von Pharsalus, als der von der Götter Gunst den Römern verliehene Ordner, als der Gebieter einer Kriegsmacht, die niemanden als ihm gehorcht haben würde; er mußte es seinen Nachfolgern überlassen, die republikanischen Formeln zu beseitigen, die sich mit dem Wesen der Monarchie nicht vertrugen. Wie sehr seine Herrschaft eigentliches Bedürfniß kür die röm. Welt war, erhellt nicht allein aus der Zufriedenheit der Volksmasse mit seiner Regierung, sondern es schlossen sich alle Männer vornehmer Geburt, alle Staatsmänner und Feldherren, alle begabten Geister an ihn, so daß er in der Volkssage wie im Buche der Geschichte der hochgefeierte Name blieb; allerdings wirft Tacitus einen dunkeln Schatten auf ihn, allein es geschieht dies aus Schmerz über den Untergang der Republik, die Octavian aber beim besten Willen nicht hätte aufrecht erhalten können, und im Hinblicke auf Nachfolger des ersten Herrschers, welche ihre hohe Stellung dazu benutzten, eine Probe anzustellen, wie viel ein Mensch denn auch Verbrechen und Thorheiten verüben dürfe, Octavian erhielt von dem Senate den Titel A., d.h. der hehre, der von dem Himmel Begünstigte; er ließ auch in den Händen des Senates sehr viel, z.B. die Verleihung einiger wichtiger Aemter und Ehren, die Verwaltung eines Theils der Provinzen, eines Theils der Finanzen, das höchste Gericht über alle röm. Bürger; die Volksmasse liebte ihn, weil er ihr ein republikanisches Schattenspiel ließ, Brot und Spiele gab und sich sehr herablassend benahm. Er ordnete die Staatsverwaltung, stellte Recht und Gesetz wieder her und schuf die Kriegszucht in den Heeren gleichsam von Neuem. Zur Sicherheit Italiens ließ er die Alpenländer bis an die Donau erobern, unterwarf Spanien vollends, dagegen mißglückte die Eroberung Norddeutschlands durch die Niederlage des Varus; es war seine Ueberzeugung, daß das röm. Reich groß genug sei. – Sein Glück wurde in den letzten Jahren durch häusliches Unglück getrübt, besonders durch den Tod zweier geliebter Enkel, die er zur Nachfolge bestimmt hatte. Er st. zu Nola in Campanien, den 19. Aug. im 14. Jahre n. Chr., nachdem er 45 Jahre die röm. Welt regiert hatte; »habe ich meine Rolle gut gespielt«? fragte er die Anwesenden; »nun so klatscht Beifall, sie ist aus« fügte er bei. Dies charakterisirt ihn als echten Römer, der seine Liebhabereien und Leidenschaften, Haß und Güte zurückdrängt oder ausübt, nicht nach seinem Gemüthe und Willen, sondern mit Rücksicht auf seine Stellung zum Staate, als ein Politiker.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 337-338.
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