Agnes

[173] Agnes, 1) Heilige, nach der Legende eine schöne römische Christin zur Zeit Diokletians, wurde, weil sie die Ehe mit dem Sohne des römischen Stadtpräfekten ausschlug, in ein öffentliches Haus gebracht, blieb aber auch da unversehrt und wurde als Zauberin enthauptet. Ihr Sinnbild ist ein Lamm. In der vor der Porta Pia zu Rom gelegenen Agneskirche werden 21. Jan., am Gedächtnistage der Heiligen, die Lämmer geweiht, aus deren Wolle die Pallien zur Investitur neuer Bischöfe verfertigt werden.

2) A. von Poitou, Gemahlin Kaiser Heinrichs III., Tochter Wilhelms V., Herzogs von Guienne, 1056–62 Vormünderin ihres Sohnes, König Heinrichs IV., hatte anfangs den Papst Viktor II., dann die Bischöfe Günther von Bamberg und Heinrich von Augsburg zu Ratgebern, ward aber von herrschsüchtigen Großen gezwungen, mehrere Herzogtümer an sie zu verleihen. Im Mai 1062 ward ihr Sohn durch Anno von Köln u.a. entführt. Danach nahm sie in Rom den Schleier und starb daselbst 14. Dez. 1077. Vgl. Seipoldy. Die Regentschaft der Kaiserin A. von Poitiers (Berl. 1887); Meyer v. Knonau, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV., Bd. 1 (Leipz. 1890).

3) A. von Meran, Tochter des Herzogs Berthold von Meran, vermählte sich 1196 mit Philipp II. August von Frankreich, obwohl dessen Scheidung von der dänischen Prinzessin Ingeborg durch Papst Cölestin III. für ungültig erklärt worden war. Als sich Philipp weigerte, Ingeborg wieder als Gemahlin anzunehmen, sprach Papst Innocenz III. über das unmittelbare königliche Gebiet in Frankreich das Interdikt aus (Januar 1200), und dies wirkte so auf das Volk, daß Philipp, trotz seiner Liebe zu A., Ingeborg als seine Gemahlin anerkennen mußte. A. starb 1201 in Poissy. Ihre zwei Kinder wurden für rechtmäßig erklärt. Ihr Schicksal ist dramatisch behandelt worden von Ponsard, Gust. Pawlkowski und Franz Nissel.

4) Herzogin von Meran, eine sagenhafte Gestalt, die mit der Geschichte der »Weißen Frau« (s. d.) auf der Plassenburg in Zusammenhang gebracht wird. A. soll die Gemahlin des Grafen Otto von Orlamünde und nach dessen Tode (1293) die Geliebte des Burggrafen Albrecht des Schönen von Nürnberg gewesen[173] sein. Die Gemahlin Ottos gehörte zwar dem, Geschlechte der Grafen von Meran an, hieß aber Beatrix und konnte schon darum nicht die Geliebte Albrechts sein, weil sie die Schwester seiner Großmutter war.

5) A. von Österreich, Tochter des deutschen Königs Albrecht I., geb. 1281, gest. 13. Mai 1364, vermählt mit König Andreas III. von Ungarn (gest. 1301). Nach der Ermordung des Vaters (1308) lebte sie meist in dem an der Stätte des Mordes erbauten Nonnenkloster Königsfelden. Die zeitgenössische Geschichte kennt sie als Vermittlerin zwischen ihrem Bruder Leopold (dem Glorwürdigen) und den Eidgenossen. Vgl. v. Liebenau, Lebensgeschichte der Königin A. von Ungarn (Regensb. 1868; Urkunden dazu 1869).

6) A. von Böhmen, Tochter Przemysl Ottakars II., geb. 1269, gest. 1296, wurde 1278 mit König Rudolfs von Habsburg gleichnamigem Sohn verlobt, 1284 verheiratet; sie ist die Mutter Johanns (Parricida), des Mörders seines Oheims Albrecht I. (s. d. 1).

7) A. Sorel, s. Sorel.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 173-174.
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