Boyen, Leopold

[292] Boyen, Leopold, Hermann Ludwig von, preuß. General, geb. 20. Juni 1771 zu Kreuzburg in Ostpreußen, gest. 15. Febr. 1848, trat 1784 in das Heer, nahm 1794–96 am Feldzug in Polen, am Krieg von 1806 im Generalstab des Herzogs von Braunschweig teil und ward bei Auerstädt verwundet. Nach dem Frieden von Tilsit Major und Mitglied der militärischen Reorganisationskommission unter Scharnhorst, erhielt er 1810 als Direktor des allgemeinen Kriegsdepartements den Vortrag beim König. Bei der Begründung der neuen Heeresverfassung war er Scharnhorsts eifrigster Gehilfe, nahm aber 1812 als Oberst seinen Abschied und besuchte Österreich und Rußland, um 1813 wieder in preußische Dienste zu treten. Als Oberst im Generalstab begleitete er die russische Armee nach Sachsen, nach der Schlacht von Lützen ward ihm die Beschleunigung der märkischen Rüstungen und, für den Fall der Not, die Verteidigung von Berlin übertragen; während des Waffenstillstandes ernannte ihn der König zum Chef des Generalstabs des 3. Bülowschen Armeekorps. Mit diesem machte B. die Feldzüge von 1813 und 1814 mit, wurde Generalmajor und nach dem ersten Pariser Frieden Kriegsminister. Als solcher vollendete er die vor dem Kriege begonnene Organisation der Landwehr, führte durch das berühmte Dienstpflichtgesetz vom 3. Sept. 1814 die allgemeine Wehrpflicht in Preußen ein und ward 1818 Generalleutnant. Unvermögend, der Reaktion, die auch das volkstümliche Wesen der Landwehr gefährdete, zu steuern, nahm er 1819 ben Abschied. Seitdem lebte er 21 Jahre lang in stiller Muse, mit geschichtlichen Studien beschäftigt, bis ihn Friedrich Wilhelm IV. unmittelbar nach seiner Thronbesteigung als General der Infanterie in den aktiven Dienst zurückrief. Im März 1841 ward B. wieder Kriegsminister und blieb es bis November 1847, wo ihn der König zum Generalfeldmarschall und Gouverneur des Invalidenhauses ernannte. Die Feste Lötzen in Ostpreußen erhielt schon damals, das 5. ostpreußische Infanterieregiment Nr. 41 1889 seinen Namen. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Beiträge zur Kenntnis des Generals v. Scharnhorst« (Berl. 1833); »Erinnerungen aus dem Leben des Generalleutnants v. Günther« (das. 1834). Auch ist er der Dichter des Liedes »Der Preußen Losung« (1838). Aus seinem Nachlaß erschienen: »Erinnerungen aus dem Leben des Generalfeldmarschalls H. v. Boyen« (die Zeit von 1771–1813; hrsg. von Nippold, Leipz. 1889–90, 3 Bde.; bearbeitet u. d. T.: »Denkwürdigkeiten und Erinnerungen«, Stuttg. 1899, 2 Bde.). Vgl. Meinecke, Generalfeldmarschall H. v. B. (Stuttg. 1895–1899, 2 Bde.). – Sein Sohn Hermann v. B., Generaladjutant des Königs, vielfach zu wichtigen Missionen verwendet, bis 1879 Gouverneur von Berlin, starb 19. Febr. 1886 in Jena. Vgl. Wolf v. Tümpling, Erinnerungen aus dem Leben des Generaladjutanten Kaiser Wilhelms I., Hermann v. B. (Berl. 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 292.
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