Celle

[832] Celle (veraltet Zelle), Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regbez. Lüneburg, am Einfluß der Fuse und Lachte in die schiffbare Aller und an der Staatsbahnlinie Lehrte-Harburg, 38 m ü. M., hat ein Schloß (von 1485), in dem die Königin Karoline Mathilde von Dänemark nach ihrer Verbannung von 1772–75 lebte, 5 evangelische und 1 kath. Kirche, unter jenen die Stadtkirche mit der Gruft der celleschen Herzöge, eine Synagoge, ein Oberlandesgerichtsgebäude (mit Bibliothek von 60,000 Bänden und wertvollen Handschriften des »Sachsenspiegels«) und ein Landschaftshaus. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1900) mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 77 und eine Abteilung Feldartillerie Nr. 46) auf 19,883 Seelen, darunter 1463 Katholiken und 93 Juden. Die Industrie liefert Wollengarn, Zigarren, Schirme, Isolier mörtel, physikalische Instrumente, Cakes, Korbmöbel, Leder, Portefeuillewaren, Filter, Maschinen etc.; ferner gibt es Wachsbleichen, Handelsgärtnereien, Dampfsägemühlen und Ziegelbrennerei. Der Handel ist lebhaft in Holz, Wolle, Honig, Wachs und Preißelbeeren. C. hat ein Gymnasium, eine Realschule, Waisenhaus, Museum, Landgestüt, Hebammenlehranstalt und eine Strafanstalt und ist Sitz eines Oberlandesgerichts, eines Amtsgerichts, eines Hauptsteueramts, des Landratsamts für den Landkreis C., einer Reichsbanknebenstelle und eines Ritterschaftlichen Kreditvereins. In der Nähe die Dörfer Lachendorf an der Lachte, mit großer Papierfabrik, und Wietze an der Wietze, mit Erdölquellen. C. ist Geburtsort des Dichters Ernst Schulze (1789) und des Landwirts Thaer (1752). Zum Oberlandesgerichtsbezirk C. gehören die neun Landgerichte zu Aurich, Detmold, Göttingen, [832] Hannover. Hildesheim, Lüneburg, Osnabrück, Stade und Verden. – Die jetzige Stadt C. (ursprünglich Neu-C.) wurde 1292 von Herzog Otto dem Strengen 1 km von dem jetzt nur noch ein Dorf bildenden Altencelle angelegt und erhielt 1294 braunschweigisches Stadtrecht. Seit dem 14. Jahrh. bis 1705 war C. Residenz der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg Cellescher Linie. 1757 ward es von den Franzosen unter Richelieu besetzt und die Vorstädte niedergebrannt. Die besonders im 16. Jahrh. angelegten Befestigungen wurden nach dem Siebenjährigen Kriege beseitigt. Im Hausvertrag von C. (3. Dez. 1610) wurde die Unteilbarkeit des Fürstentums Lüneburg festgesetzt. Der Friede von C., 5. Febr. 1679, erklärte den Beitritt Schwedens zum Frieden von Nimwegen; es erhielt gegen Abtretung des Amtes Thedinghausen und der Vogtei Dörverden das Herzogtum Bremen und das Fürstentum Verden zurück. Vgl. Dehning, Geschichte der Stadt C. (Celle 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 832-833.
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